Sie sind dann mal weg: Warum es Österreicher ins Ausland zieht
Es gibt viele Gründe, dem Heimatland den Rücken zu kehren. Die Liebe, den Job, einen Neustart. Laut Außenamt gibt es aktuell 565.000 Auslands-Österreicher – Tendenz steigend. Die meisten Österreicher zieht es ins deutschsprachige Ausland. Rund 254.000 leben in Deutschland, speziell in Bayern und Baden-Württemberg.
Auf Platz zwei der beliebtesten Auswanderungsländer steht die Schweiz mit 64.000 österreichischen Auswanderern. Dann folgen die USA (35.000), Großbritannien (25.000) und Australien (25.000). Bemerkenswert: auch in Argentinien gibt es eine Österreicher-Community. 17.000 Auslandsösterreicher leben dort – speziell Ältere, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg ansiedelten und ihre Nachkommen.
Vier Auswanderer haben dem KURIER ihre Geschichte erzählt.
Anwalt macht den Öxit
Zum Beispiel Rainer Adlhart. Den 30-Jährigen zog es vor vier Jahren nach England. Nicht das Fernweh war es, das ihn dorthin brachte. Es war der Job, ganz simpel. Der gebürtige Salzburger arbeitet in der Londoner City als Wirtschaftsanwalt in einer der fünf größten Kanzleien ihrer Art. "Es ist eine ganz eigene Welt", sagt Adlhart. Lange, dafür flexible Arbeitszeiten, ein internationales Team und natürlich: hervorragende Karriere-Aussichten. "Man könnte auch Parallelwelt dazu sagen", meint Adlhart. Abseits von den sozialen Problemen Englands, abseits von Abstiegsängsten – und Brexit. Wobei die Entscheidung der Briten, aus der EU austreten zu wollen, insbesondere in Adlharts Branche für Schnappatmung sorgt. "Man merkt schon, dass hier jeder die Luft anhält und erst einmal abwartet, wie sich die Kapitalmärkte entwickeln." Viele Kollegen hätten sich schon neu orientiert, ziehen demnächst nach Paris oder Frankfurt.
Wohin es ihn in Zukunft verschlägt? "Das wird sich weisen. Es ist wichtig, flexibel zu bleiben. London ist eine sehr schnelllebige Stadt", sagt Adlhart, der auch die (relative) Nähe zu seiner Familie in Salzburg zu schätzen weiß. Nach Studienaufenthalten in New York und Sydney sei das mit ein Grund gewesen hierher, und nicht etwa nach Singapur, das asiatische Finanzzentrum, zu ziehen. Den Kontakt zu seiner Heimat, den will er nämlich auch als "Auswanderer" nicht missen.
Wie zur Erinnerung hat er deshalb eine Österreich-Flagge auf der Dachterasse seiner Wohnung gehisst. Mitten in der Londoner City – unweit der St. Paul’s Cathedral – weht sie nun da vor den Augen der Banker, die in den benachbarten Gebäuden oft bis spät in die Nacht arbeiten. Auch dann noch, wenn der Wirtschaftsanwalt aus Salzburg schon längst im Pub steht, "gelegentlich auch in der Lederhose."
Back die Badehose ein
Wieder als Bäcker. „Der Beruf hier ist völlig anders. Du hast andere Zutaten, andere Öfen. Du lernst alles neu“, erzählt der heute 41-Jährige. Doch auch diesmal hielt er es nicht lange aus. Er zog in den Touristenort El Arenal, eröffnete eine Pizzeria und eine Bäckerei. Dann kam die Finanzkrise, die Gäste blieben aus.
Felber fing noch einmal neu an. Diesmal in Nosara, im Westen Costa Ricas. Und hier ist er heute noch. Er managt die Finca Austria, demnächst kommt ein Apartment-Projekt in Samara dazu.
Zum Kitesurfen bleibt keine Zeit. „Wenn die Saison vorbei ist, sind hier auch keine Wellen.“ Urlaub macht er deshalb in Brasilien. Was er vermisst, sind Speckjause mit Schwarzbrot und Käsekrainer. „Das Klima geht mir nicht ab“, lacht er. Was man von den Einheimischen lernen kann? „Glücklich zu sein und im Heute zu leben.“
Ein "sehr langer jonge"
Die Reise nach Holland begann eigentlich auf der griechischen Insel Kos. Dort sah Lehrbaum in einer Diskothek einen „sehr langen jongen“ – einen großen Burschen – wie sie in einer charmanten Mischung aus Deutsch und Holländisch schildert. „Da ich 1,85 Meter groß bin, musste ich den kennenlernen.“ Kurz darauf zog sie zu ihm in die Niederlande.
Die Sprache beherrschte sie rasch, auch die Lockerheit der Niederländer lernte sie zu schätzen: „Man duzt alle, auch den Chef.“ Mittlerweile lebt sie mit einem anderen Mann zusammen. „Nach 13 Jahren habe ich mich neu verliebt.“ Sie und ihr Mann sind selbstständig, sie betreuen die Buchhaltung mehrerer Firmen. Ob sie nach Österreich zurückkehren möchte? „Sag niemals nie“, erwidert sie. „Auch wenn ich es mir nicht vorstellen kann. Die Umstellung wäre sehr groß.“
Strand-Liebe
Nach Australien verschlug es sie wegen ihres australischen Ex-Mannes. „Als die Ehe nach einigen Jahren im Guten auseinander ging, freute sich meine Familie auf meinen Umzug nach Österreich. Für mich war aber klar, dass Sydney meine Stadt ist und ich bleibe“, sagt Salzer.
Mittlerweile ist sie selbstständig und exportiert australische Bademode nach Europa (www.beachlifeaustralia.at). „So kann ich Austria und Australia verbinden“, scherzt sie. Ob sie zurückkehren möchte? „Im Winter ist es hier relativ kalt und die Häuser sind für den Sommer gebaut“, erwidert sie. „Mein Traum wäre, Frühling und Sommer auf der Südhalbkugel, und dann Frühling und Sommer auf der Nordhalbkugel zu verbringen.“
Kommentare