Nach tragischen Todesfällen: Spitalssystem in Österreich am Prüfstand

Rote Ampel, daneben Schilder mit Aufschrift "Krankenhaus" und "Notaufnahme"
Mehrere Fälle in Österreich zeigen Engpässe im Spitalssystem. Ein zentrales Management für Intensivbetten schätzen Experten aber als kaum umsetzbar ein.

Zusammenfassung

  • Drei aktuelle Notfallfälle in Österreich zeigen Engpässe bei der Akutversorgung und fehlende Kapazitäten in Spitälern auf.
  • Die Situation belastet medizinisches Personal und wirft Fragen nach zentralem Bettenmanagement und digitaler Ressourcenübersicht auf.
  • Patientenanwälte betonen, dass Notfälle individuelle Versorgung brauchen und fordern digitale Lösungen für Normalstationen.

Eine 63-Jährige, die nach einem Sturz am Traunstein in Oberösterreich schwer verletzt ist und im Spital versorgt werden muss. Doch der Schockraum des nächstgelegenen Spitals Gmunden war belegt - die Frau wurde  nach Wels geflogen, wo sie ihren Verletzungen erlag.

Ein Mann in Salzburg, der - wie jetzt bekannt wurde - im März nach einem Riss der Aorta stundenlang auf eine Not-Operation gewartet haben soll - vergeblich. Der 79-Jährige starb. 

Und jene 55-jährige Patientin in Oberösterreich, die wegen eines Einrisses in der Hauptschlagader sofort operiert werden musste. Aber in keinem dafür spezialisierten Krankenhaus findet sich Platz für sie, obwohl die Mitarbeiter des erstversorgenden Spitals in Rohrbach andere Häuser telefonisch abklappern.

"Das macht etwas mit den Behandlern"

"Das hat auch einen menschlichen Aspekt", überlegt die steirische Patientenanwältin Michaela Wlattnig, sie ist auch Sprecherin der Patientenanwälte Österreichs "Die Ärzte bemühen sich, das Team macht alles richtig. Und dann stirbt die Patientin vor Ort. Das macht etwas mit den Behandlern."

Die Fälle, die in den vergangenen Tagen bekannt wurden, erschrecken und lassen das österreichische Spitalssystem in Schieflage erscheinen.

"Nicht tatenlos zusehen"

Entsprechend alarmiert ist die Politik: Die Neos fordern eine "bundesweite Kapazitätsplattform" für Notfälle. "Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn Menschen sterben, weil niemand weiß, wo es noch freie Kapazitäten gibt“, merkt Sozialsprecher Johannes Gasser an. Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) lädt für kommende Woche die Landesspitalsreferenten zu einer Gesprächsrunde.

Bei Notfällen muss man organisieren und improvisieren.

von Patientenanwältin Michaela Wlattnig

In der Gesundheitsholding Oberösterreich bemüht man sich um Klärung, speziell des Falles der 55-jährigen Patientin aus Rohrbach.

"In Dramatik außergewöhnlich"

"Aus ärztlicher Sicht war die Situation äußerst herausfordernd. Der Krankheitsverlauf war in seiner Dramatik außergewöhnlich und entwickelte sich schneller, als die medizinischen Maßnahmen zur Rettung der Patientin umgesetzt werden konnten", teilte Geschäftsführer Franz Harnoncourt Montagabend mit. Man arbeite "an einer vollumfänglichen Aufarbeitung".

Die Umstände werfen  aber auch die Frage auf, ob es nicht ein zentrales Spitalsbettenmanagement braucht; eines, wo etwa die  Verfügbarkeit der rund 2.500 Intensivbetten in ganz Österreich auf Knopfdruck erkennbar ist?

Michaela Wlattnig, Sprecherin der Patientenanwälte Österreichs, mahnt jedoch, die Anforderungen an Spitäler nicht zu vermischen. "Die Fälle in Oberösterreich waren, so weit sie mir bekannt sind, absolute Notfälle. Doch jeder Notfall braucht seine eigene Versorgung."

Kaum vergleichbar

Im Fall der Herzpatientin aus Rohrbach wäre es um eine Behandlung in einem Herzzentrum mit einem hochspezialisiertem Ärzte- und OP-Team sowie anschließender Intensivpflege gegangen. 

Bei der verunglückten Wanderin seien Schockraum und Unfallchirurgie von Nöten gewesen.  "Bei Notfällen muss man organisieren und improvisieren. Das gehört zum täglichen Geschäft und funktioniniert üblicherweise gut", betont Wlattnig.

Intensivbetten frei zu halten für potenzielle Notfälle sei kaum machbar. "Versorgungsplanung wird man nie als worst case-Planung einrichten können", sagt Wlattnig.  "Das Telefonieren wird einem Arzt nie erspart bleiben."

Anders sehe es im Bereich der Normalstationen aus. Hier regt die Patientenanwältin einen "digitalen Bettenspiegel" an, der auch bundesländerübergreifend eingerichtet werden sollte. "Da könnte man massiv Ressourcen einsparen."

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