Explosion bei Asylquartier 2010: Großteils Freisprüche bei Prozess

Akten auf einem Tisch
Drei Männer standen mehr als 13 Jahre danach vor Gericht. Die Schuld an der Detonation konnte ihnen nicht nachgewiesen werden, nationalsozialistische Wiederbetätigung teilweise schon.

Ein Prozess gegen drei Männer wegen eines 2010 bei einer Flüchtlingsunterkunft in Graz explodierten Sprengsatzes hat in der Nacht auf Freitag großteils mit Freisprüchen im Landesgericht Leoben geendet. Ein heute 29-Jähriger hatte zuerst alles gestanden, zog das dann aber zurück. Keinem der drei konnte die Schuld an der Detonation nachgewiesen werden, befanden die Geschworenen. Allerdings fassten zwei Männer Strafen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung aus.

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Strafen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung 

Die Geschworenen entschieden, dass keiner der drei Angeklagten bezüglich des Sprengsatzes nach Paragraf 3f des Strafgesetzbuchs schuldig ist, zwei von ihnen aber sehr wohl wegen des Paragrafen 3g, der nationalsozialistische Wiederbetätigung unter Strafe stellt. In beiden Fällen geht es um Tätowierungen von verbotenen Symbolen. Dafür fasste der 29-Jährige 15 Monate bedingte Haft aus, ein zweiter Beschuldigter zwei Jahre bedingte Haft. Der dritte Angeklagte wurde gänzlich freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.

Sprengsatz bei Flüchtlingsheims in Graz 2010

Am 11. September 2010 war gegen 1.40 Uhr eine Detonation am Eingang des Flüchtlingsheims in Graz zu hören. 35 Bewohner und eine Betreuerin wurden aus dem Schlaf gerissen. Ein damals 49-jähriger Georgier stürzte und verletzte sich, als er nachschauen wollte. Ansonsten gab es zwar keine Verletzten, aber der rohr- oder dosenförmige Sprengkörper wäre laut damaligen Ermittlungen imstande gewesen, Menschen schwer zu verletzen. Der Sprengsatz war - wie man heute weiß - mit Schwarzpulver versehen.

13 Jahre lang hatte man keine Spur zu den Verdächtigen. Erst ein Zeuge in einer anderen Sache will den 29-Jährigen auf den Fotos wiedererkannt haben. Als das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) den Verdächtigen befragt, legte dieser ein Geständnis ab. Vor Gericht gab er dann aber an, dass er unter Druck gewesen sei und glaubte, er müsse seine Unschuld beweisen. Das habe er mangels Alibi nicht gekonnt und daher die Tat gestanden.

Geständnis zurückgezogen

Am ersten Prozesstag hatte der 29-jährige gebürtige Niederösterreicher sein anfängliches Geständnis somit überraschend zurückgezogen. Er will nun doch gar nicht einmal am Tatort gewesen sein. Seine Angaben, wonach die anderen beiden Männer auch beteiligt waren, zog er ebenfalls zurück. Allerdings verstrickte sich der 29-Jährige bei der Befragung durch Richterin Sabine Anzenberger immer wieder in Widersprüche. Angeklagt waren die Männer teilweise auch wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Einer von ihnen trug beispielsweise mehrere Jahre lang ein Tattoo der Schwarzen Sonne, einem verbotenen Symbol, öffentlich bei Kämpfen zur Schau. Die Staatsanwaltschaft hatte erst am Donnerstag die Anklage gegen einen der drei wegen dieses Tattoos ausgeweitet.

Seit Prozessbeginn im Dezember hatte die Richterin noch weitere Ermittlungen anstellen lassen, um Beweise zu sammeln, doch ein kriminaltechnisches Gutachten der vorliegenden Fotos des Tatverdächtigen aus einer Überwachungskamera konnte wegen fehlender Originalbilder nicht vorgelegt werden. "Das LVT konnte diese nicht zur Verfügung stellen", sagte Anzenberger. Ein Größenabgleich der Person auf den Bildern war ebenfalls nicht möglich, weil die Bank im Hintergrund, die als Referenz dienen sollte, mittlerweile abgerissen wurde. Ein Originaltonträger ist beim LVT ebenfalls unauffindbar, so die Richterin.

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