Grazer FPÖ-Finanzaffäre: Der komplexe Fall erstmals vor Gericht

Es finden erste Zivilprozesse statt (Symbolbild)
Strafrechtlich ist die Causa seit dreieinhalb Jahren Dauerthema: Die Finanzaffäre der FPÖ Graz wird seit Herbst 2021 von der Staatsanwaltschaft verfolgt.
Was mit einem - an sich simplen - Vorwurf begann, wuchs sich rasch in ein Mega-Verfahren mit einem guten Dutzend Ermittlungssträngen aus. Und ist seit Dienstag Fall am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz: Bis Ende Juli werden vier unterschiedliche Klagen behandelt.
Grundsätzlich geht es für die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, die das Verfahren strafrechtlich abwickelt, um den Verdacht der Veruntreuung, der Untreue, des Fördermissbrauchs, der Urkundenfälschung und Geldwäscherei.
Worum es geht
Fördergelder des FPÖ-Gemeinderatsklubs sollen abgezweigt und für private Zwecke verwendet worden sein. Um kolportierte 1,8 Millionen Euro soll es sich dabei handeln.
Unter den Verdächtigen sind Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio, Ex-FPÖ-Klubchef Armin Sippel und Ex-FPÖ-Finanzdirektor Matthias Eder, der sich im November 2021 selbst angezeigt hatte. Und auch gleich einmal 700.0000 Euro an Schadenswiedergutmachung hinterlegte.
Verästelt bis in die Landespartei
Längst ist der Fall verästelt bis in die Landes-FPÖ, auch hier gibt es mehrere - teilweise anonyme - Anzeigen. Unter anderem wegen des Vorwurfs, Landesparteichef Mario Kunasek habe von den Malversationen gewusst, sie aber nicht abgestellt. Das weist der FPÖ-Landeshauptmann strikt zurück.
Doch das alles hat auch eine politische Seite. Von der Grazer FPÖ spaltete sich der (Korruptions)Freie Gemeinderatsklub (KFG) ab, der Klubstatus und Stadtsenatssitz im Rathaus hat, während die Blauen selbst nur noch einen einzigen Gemeinderat haben.
Klub klagt die Republik
Aus diesem politischen Konglomerat ergeben sich die zivilrechtlichen Komponenten, deren Aufarbeitung jetzt beginnt. Der KFG hat nämlich vier Klagen eingebracht - unter ihnen auch eine gegen die Republik Österreich.
Der Streitwert in allen vier Fällen ist mit rund 77.000 Euro beziffert, wie Klubobmann Alexis Pascuttini mitteilte.
Darum geht es in den Klagen
- KFG gegen Armin Sippel und Matthias Eder: Der Klub fordert rund 20.800 Euro von den Beklagten Sippel und Eder. Das sei eine "Rückerstattung der Kosten der Wirtschaftsprüfung" 2021. Dieses Verfahren wird Dienstagmittag im Landesgericht für Zivilrechtssachen eröffnet.
- KFG gegen FPÖ Steiermark: Von der Landes-FPÖ verlangt man eine Zahlung von rund 20.700 Euro. Dabei geht es um Bezirkszeitungen, die 2022 "in zahlreichen Grazer Bezirken zur Information über die politische Arbeit der Streitparteien herausgegeben" worden seien, begründet der KFG. Doch die FPÖ habe nicht wie vereinbart ihren Teil der Kosten beglichen. Der Prozess zu dem Punkt startet am Mittwoch.
- KFG gegen Mario Eustacchio: 25.000 Euro fordert der KFG von Ex-FPÖ-Stadtparteiobmann Eustacchio. Es dreht sich laut der Partei um eine Zahlung vom 1. Oktober 2021 vom FPÖ-Klub an Eustacchio, für die kein Beschluss der damaligen FPÖ-Gemeinderäte vorliege.
- KFG gegen Republik Österreich: Knapp 12.000 Euro beträgt die Summe, die der KFG von der Republik als Schadenersatz einfordert - "im Zusammenhang mit den mangelhaften Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt", begründet die Fraktion. Dieser Prozess startet am 24. Juli.
Pascuttini begründet die Klagen mit "meiner Verpflichtung gegenüber der steuerzahlenden Bevölkerung". Er hoffe, dass alle Beklagten tatsächlich vor Gericht erscheinen, denn "manche versuchen, sich auf kreative Weise den Verfahren zu entziehen".
Anders als vor einem Strafgericht müssen allerdings Beklagte nicht persönlich zum Zivilprozess erscheinen, es reicht die Vertretung durch einen Anwalt.
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