Dutzende Interviews gab Kahr seit jenem Dienstagvormittag und nahm damit auch medialen Druck von Betroffenen, wie einst bei der Amokfahrt im Juni 2015 ihr Vorgänger Siegfried Nagl (ÖVP), der - obwohl selbst vom Amokfahrer Alen R. mit dem Auto anvisiert - in Kameras schaute und in Mikrofone sprach.
"Das ist doch heute nicht wichtig . . . "
Wie schon beim Rummel um den Wahlsieg, lenkte Kahr auch bei der Tragödie um elf Todesopfer bewusst das Interesse von sich ab: "Wie geht es Ihnen persönlich?", wollte ein deutscher Reporter da wissen, einer von vielen, die diese Fragen in diesen Tagen so oder so ähnlich stellten.
"Das ist doch heute nicht wichtig, wie es mir geht", antwortete Kahr und es klang bestimmt, nicht tadelnd. Es gehe um die Familien der Opfer, die Betroffenen, "die das Geschehene nun verarbeiten müssten."
Man nimmt Kahr diese Zurückhaltung ab, lebt sie doch im politischen Alltag seit Jahrzehnten Bescheidenheit vor, da allerdings durchaus auch mit gewollter medialer Begleitung: Stets zu Jahresende begeht die KPÖ den "Tag der offenen Konten". Da legt sie dar, wem sie mit dem Teil ihrer Politikbezüge aushalfen.
Was vom Gehalt bleiben darf
Maximal 2.500 Euro netto dürfen KPÖ-Funktionäre aus politischen Ämtern beziehen, das ist eine Regel, die 1998 von Ernest Kaltenegger eingeführt wurde, als die KPÖ erstmals Stadträte in Graz stellte und plötzlich viel Geld da war. Zu viel Geld für die KPÖ, die sich ihrem Credo gemäß mit ihrem Gehalt nicht allzu sehr vom Durchschnittseinkommen im Land abheben wollen. So fließt der Großteil der Politikbezüge in einen KPÖ-eigenen Sozialfonds.
Andere Parteien, die mit dem Konzept gar nichts anfangen können, mokieren sich über die Spenden als "Almosenpolitik".
"Ich wäre steinreich"
Kahr lächelt bei solcher Kritik meist und wiederholt, dass sich Politikerinnen und Politiker beim Gehalt einfach nicht zu sehr von den Wählerinnen und Wählern unterscheiden dürften. Sie selbst "wäre steinreich", hätte sie ihre Gage als langjährige Stadträtin und Bürgermeisterin behalten, rechnete sie bei einer "Kontenoffenlegung" einmal vor: "Ich wäre Millionärin."
2005 zog Kahr in den Stadtsenat ein, 20 Jahre später ist sie als Bürgermeisterin oberste Krisenmanagerin der Stadt, die einen Amoklauf zu verarbeiten hat.
Die 64-Jährige macht das routiniert, wenn auch mit deutlich sichtbarer Betroffenheit, ordnet Veranstaltungsabsagen an und verliert auch bei den vielen, sich wiederholenden Reporterfragen nicht die Contenance.
Eine Debatte über das Waffengesetz
Jene Frage nach politischen Konsequenzen beantwortet Kahr etwa in der ZIB2 mit ihrer "persönlichen Meinung", die dann aber auch wieder eine politische ist, stößt die Grazerin damit doch eine Debatte über das Waffengesetz an: Waffen gehörten nur in die Hand der Exekutive, fordert Kahr.
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