Wer war der junge Mann, der zum Amokläufer wurde? Eine Spurensuche

Vor der Schule brennen Kerzen
Eine Siedlung in Graz-Umgebung, ein paar Dutzend Wohnungen, daneben kleine Einfamilienhäuser. Eine Seniorin macht ihren Morgenspaziergang, gestützt auf zwei Stöcke. Vor dem Nachbarhaus hält sie inne und spricht mit zwei Polizistinnen mit Stichschutzwesten, die auf dem Areal patrouillieren.
Nötig, weil der Auflauf an Medienvertretern groß wurde. Und auch, weil die Adresse irgendwie in sozialen Medien durchsickerte: Da, so heißt es dort, da hat er gewohnt. Er, der mutmaßliche Täter, der junge Mann, der beim Amoklauf im Grazer BORG zehn Menschen tötete und sich selbst das Leben nahm.

Ein Foto des Täters.
In der Siedlung - der KURIER nennt bewusst nur den Bezirk, nicht die Gemeinde - bleiben immer wieder Nachbarn der Familie stehen, die durch die Tat des 21-Jährigen selbst zu Betroffenen wurden.
Kaum zu beschreiben
Doch wer war der junge Mann, der Mitte Juni 22 Jahre alt geworden wäre und mit Mutter und Bruder hier wohnte? Darüber rätseln die Menschen nebenan.
"Ich hab' ihn vom Sehen gekannt", beschreibt ein Nachbar. "Aber ich könnte nichts Genaues sagen, man sagt 'Hallo', redet über den Hund. Das war es dann."
Eine Frau, die zwei Häuser weiter wohnt, erinnert sich an eine "nett wirkende Frau", man habe einander gegrüßt. Den 21-Jährigen habe sie nur von Weitem gesehen: "Was seine Mutter mitmachen muss, ist unvorstellbar. Auch sie hat ihren Sohn verloren. Es gibt auch diese Seite."
Lehre als Bürokaufmann
Der 21-Jährige kam 2019 an das Borg, und soll dort laut KURIER-Informationen den Schwerpunkt Informations- und Kommunikationstechnologie absolviert haben. Drei Jahre später brach er die Schule wieder ab. Zuvor soll er eine Schule in Hartberg sowie die Fachschule für wirtschaftliche Berufe besucht haben.
Im Jahr 2022 soll er sich für eine Lehrstelle als Bürokaufmann bei einem Grazer Unternehmen beworben haben. Auf KURIER-Anfrage wurde diese Information vonseiten der Firma bestätigt. "Ich kann sagen, dass er sich bei uns beworben hat, alles andere kann ich nicht beantworten", so der Chef des Unternehmens.
Auch polizeilich war der junge Mann unbekannt, es gab keine Vorstrafen. Die Gemeinde will Ende der Woche ein Zeichen setzen und ein Lichtermeer organisieren. Bereits seit Dienstag hängt am Rathaus eine schwarze Flagge.