A9-Ausbau in der Steiermark: Was bringt das umstrittene Projekt?

Die A9 soll wie die A2 dreispurig ausgebaut werden
Was in Wien der Lobautunnel und in Niederösterreich die Marchfeld Schnellstraße ist, ist für die Steiermark die Pyhrnautobahn: Neu- oder Ausbauten, die - je nach Lesart unterschiedlicher politischer Fraktionen - unbedingt notwendig oder völlig unnötig sind.
Auf Eis gelegte Projekte aufgetaut
Gemeinsam haben Wiener Außenring Schnellstraße S1 und die steirische A9, dass sie unter Schwarz-Grün auf Eis gelegt wurden, aber jetzt unter Schwarz-Rot-Pink aufgetaut werden: SPÖ-Verkehrsminister Peter Hanke gab vergangene Woche sein Okay sowohl für die S1 als auch den Ausbau der A9.
Das ist eine beachtliche Wende in der Verkehrspolitik des Bundes, die etwa in der Steiermark auf breite Zustimmung trifft: Bis auf die Grünen, die den Ausbau der Pyhrnautobahn südlich von Graz ablehnen, verbuchen alle Parteien die Ankündigung des SPÖ-Ministers als ihren Erfolg.
Worum geht es?
Doch worum geht es bei dem Projekt eigentlich und weshalb ist es so umstritten? Der KURIER hat die wichtigsten Fragen und Antworten.
Um welche Strecke geht es?
Es geht um rund 20 Kilometer zwischen dem Verteilerkreis Graz-West und Wildon, sie ist bisher nur zweispurig. Laut einer Studie, die die damalige schwarz-rote Landesregierung 2023 erstellen ließ, liegt die Auslastung der A9 wochentags bei 103 Prozent - sie ist überlastet.
Was ist die Folge der Überlastung?
Durchschnittlich zwei Stunden pro Woche steht jeder Kfz-Lenker, der die A9 in dem Bereich nutzt, im Stau. Die Umlandgemeinden klagen unterdessen über Ausweichverkehr der Pendlerinnen und Pendler, die in Graz arbeiten.
Woher kommt diese hohe Verkehrsdichte?
Die Infrastruktur ist nicht mit dem Speckgürtel gewachsen, weder Straße noch Bahn konnten mit dem Trend zum Haus im Grünen mithalten. Und dieser Trend ist ungebrochen: Die Studie prognostiziert bis 2040 einen Zuwachs von weiteren 12 Prozent in der Region als Wohngebiet.
Dazu kommt der Umstand, dass das Gebiet südlich der Landeshauptstadt eine wachsende Gewerberegion ist, etwa mit dem Cargo Center Graz. Laut Studie wird demnach auch die Anzahl der Jobs in dem Gebiet steigen, und zwar um sieben Prozent.
Das zusammen hieße: Die Auslastung auf der Autobahn würde auf 108 Prozent steigen.
Für die Studie der Landesregierung aus 2023 wurden unter anderen 146 Zählstellen des Individualverkehrs genützt: 76 auf Landesstraßen, 54 im Asfinag-Netz und 16 in Graz.
Seit 2010 ist die Kfz-Belastung auf der A9 im hauptbetroffenen Abschnitt Kalsdorf - Wundschuh jährlich zwischen 3,2 und 6,4 Prozent gestiegen (Ausnahme 2017: + 2,3 Prozent). Waren 2010 durchschnittlich noch rund 39.100 Kfz pro Tag in dem Abschnitt unterwegs, waren es 2019 bereits rund 62.200.
Verglichen mit der Südautobahn (A2) ist der Kfz-Anstieg auf der A9 zwischen 2012 und 2022 deutlich höher: Auf der A9 waren es +40 Prozent, auf der A2 westlich von Graz +5 Prozent, östlich von Graz +17 Prozent.
Was spricht für, was gegen den dreispurigen Ausbau?
Für FPÖ, ÖVP und weite Teile der SPÖ im Bundesland ist der Ausbau "alternativlos". für die Grünen veraltete "Betonpolitik". Die Auslastung der A9 würde laut Studie auf 76 Prozent sinken - allerdings setzt das auch Maßnahmen im öffentlichen Verkehr voraus, die aber durch den Start der Koralmbahn Mitte Dezember vermutlich gegeben wären.
Verkehrsexperten waren bei einer Diskussion vor einem Jahr aber nicht ganz so deutlich: So sei in der Studie jener Verkehr nicht einberechnet, der überhaupt erst durch die neuen Möglichkeiten eines dritten Fahrstreifens entstehen, rügte etwa Karl Steiniger vom "Wegener Center für Klima und globalen Wandel": Er ging von einer dadurch ausgelösten Verkehrszunahme von 10 bis 15 Prozent aus.
Wie hoch wären die Kosten für den Ausbau?
Dafür gibt es derzeit keine validen Daten, nur eine Berechnung aus einer Machbarkeitsstudie aus 2018: Damals wurden die Kosten für den dritten Fahrstreifen zwischen Graz und Wildon mit 50 Millionen Euro beziffert. Diese Summe ist heute kaum noch haltbar, Stichwort Teuerung.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut Verkehrsminister Hanke befindet sich der Ausbau der A9 in einer "frühen Planungsphase". Nun ist der Straßenerhalter Asfinag am Zug, um das Projekt konkret auszuarbeiten. Als möglicher Baustart wird derzeit 2030 angegeben.
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