"Sie haben nur Wasser und Brot"
Es kam über Nacht. Niemand hatte damit gerechnet. Plötzlich, nach massiven Regenfällen, stiegen die Save und ihre Nebenflüsse über die Ufer. Im Morgengrauen des 14. Mai 2014 standen weite Landstriche in Bosnien, Serbien und Kroatien unter Wasser.
Mehr als eine Million Menschen sind betroffen. Die Ernte ist großteils vernichtet. Seuchengefahr droht. Eine Katastrophe, wie sie seit Menschengedenken nicht mehr passiert ist. Das letzte Mal soll derartiges vor 120 Jahren im heurigen Dreiländereck am Balkan geschehen sein.
Lela Stögerer lebt in Wien. Ihre gesamte Familie ist in Obrenovac zuhause, einer Stadt in Serbien, die durch die Wassermassen besonders in Mitleidenschaft gezogen wurde. In einigen Vierteln floss die braune Brühe sogar durch Wohnungen im zweiten Stock der Hochhäuser.
Flucht im Pyjama
Stögerer ist täglich mit ihrer Verwandtschaft in Serbien in Kontakt. Am Donnerstag schickte sie Kleidung und Nahrungsmittel mit einem Reisebus nach Obrenovac, um die schlimmste Not zu lindern.
Problematisch sei in der Heimat ihrer Familie vor allem die Versorgung mit Nahrung. "Es wird Brot verteilt und Wasser, sonst gibt es nichts." Die Lebensmittelvorräte in den Geschäften wurden von Hochwasser ebenso vernichtet, wie die Ernte der Leute. "Das sind zum größten Teil Selbstversorger, die ihr Gemüse und Obst im Garten anbauen." Die meisten Nutztiere, wie Hühner oder Schweine sind in der Flut ertrunken.
Am Höhepunkt des Hochwassers, als Tausende Menschen evakuiert werden mussten, waren die Nerven bis zum Zerreißen gespannt. "Sie wurden mit Booten aus ihren Häusern geholt und dann mit Bussen in höher gelegene Schulhallen gebracht." Dramen sollen sich abgespielt haben. "Frauen, Kinder und Alte durften zuerst in die Busse." Männer mussten warten. Dabei soll es zu Schlägereien gekommen sein. "Die Männer haben befürchtet, ihre Familien nie wieder zu sehen."
"Wir haben uns. Wir leben alle", war die erste Reaktion ihrer Tante. Doch nun, nachdem das Wasser sich zurückgezogen hat, kommt das wahre Ausmaß ans Licht. Keine Kleidung, keine Schuhe, keine Haushaltsgeräte, keine Putzmittel, nicht einmal Schaufeln oder Kübel gibt es.
"Ich bitte alle, die das Lesen: helfen Sie den Leuten. Sie brauchen Geld, um ihr Leben wieder aufzubauen. Stögerers Kinder haben ihr Taschengeld gespendet. "Meine Tante hat geweint, als sie das Geld bekommen hat."
"Das Wichtigste im Moment ist, die Häuser zu trocknen, zu reinigen und wieder bewohnbar zu machen", sagt Christopher Jahn, Katastrophenhelfer des Roten Kreuzes. Er war einige Tage im Hochwassergebiet in Serbien und Bosnien, um sich an Ort und Stelle einen Überblick über die Lage zu verschaffen.
Die Trinkwasserversorgung klappe mittlerweile sehr gut – einerseits durch Hilfslieferungen, andererseits durch Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Auch die Verteilung von Lebensmitteln funktioniere in weiten Gebieten des Landes, heißt es seitens des Roten Kreuzes.
Großer Bedarf herrscht zum Beispiel an Trockungsgeräten. Erst diese Woche konnte das Rote Kreuz 300 Stück ins Hilfsgebiet liefern.
Ein Hilfskonto für die Betroffenen des Hochwassers in Südosteuropa wurde für die Aktion eingerichtet:
Raiffeisenbank International AGIBAN: AT92 3100 0001 0403 6315 BIC: RZBAATWW Kennwort: Südosteuropa
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