Psychiaterin: "Gewalt, wenn das Opfer schon am Boden ist"
Sie sind jung, sie sind stark – dementsprechend heftig sind sie in der Lage, ihre Aggressionen auszuleben. "Es gibt keine gefährlichere Gruppe als die der jungen Männer", sagt Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner. Erklärungsansätze gebe es viele – vom hormonellen Hintergrund (das Testosteron ist schuld) bis zum sozialpsychologischen (das Umfeld ist schuld).
Seit Urzeiten versuchen Männer in diesem Alter, ihren Platz in der Gesellschaft zu festigen. Oder, wie es der britische Forscher Simon Baron-Cohen pointiert ausdrückt: "Die tapfersten und geschicktesten Kämpfer im Wettbewerb unter Männern erringen den höchsten sozialen Status und sichern sich dadurch die meisten Frauen und Nachkommen."
"Voll im Saft"
Als gesichert gilt laut Kastner, dass die körperliche Energie mit Gewaltbereitschaft in Zusammenhang steht. Mitte 20 stünden die meisten Männer "voll im Saft". Ab dem 60. Lebensjahr sinke die Wahrscheinlichkeit, Täter zu werden, signifikant. "Das ist das Alter, in dem die Energie abnimmt", erklärt sie.
Eine Zunahme an Gewalttaten durch junge Männer sei über die Jahrzehnte nicht belegt, betont Kastner. Aber: "Häufiger als früher wird das Phänomen wahrgenommen, dass junge Täter die natürliche Hemmschwelle überschreiten und ihr Opfer noch schädigen, obwohl diese schon wehrlos am Boden sind. Statistisch lässt sich das aber nicht nachweisen."
Übertriebene, nicht mehr nachvollziehbare Gewalt ließe sich oft auch dadurch erklären, dass der Täter seine aufgestaute Wut aus früheren Enttäuschungen an seinem Opfer auslässt.
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