Zahl der Übergriffe auf Polizisten steigt stark
Ein Wiener Hooligan, der einem WEGA-Beamten einen Feuerwerkskörper in den Kragen wirft, sodass dieser monatelang außer Gefecht ist. Eine 37-jährige Frau, die Blumentöpfe aus dem Fenster wirft und anschließend zwei Polizisten mit Tritten gröber verletzt. Eine Polizistin, die im Stiegenhaus mit einem Schraubenzieher so malträtiert wird, dass sie ein Jahr lang immer wieder operiert werden muss.
Drei Fälle von vielen in den vergangenen Jahren. 1.983 Beamte wurden allein im vergangenen Jahr im Dienst verletzt, 992 davon durch Fremdeinwirkung (siehe Zusatzbericht unten). Hermann Greylinger, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft, fordert nun vor allem weniger Toleranz durch die Justiz: "Vor einigen Monaten war jemand vor Gericht, der eine Polizistin fast totgewürgt hat. Der kam mit einer Diversion davon", kritisiert der FSG-Gewerkschafter.
Strafe reduziert
Greylinger weist darauf hin, dass die Höchststrafe für Angriffe auf Polizisten zuletzt von fünf auf drei Jahre reduziert wurde. "Es würde ja schon reichen, diesen Rahmen auszunützen", meint Greylinger. "Die Justiz soll in diesen Fällen härter durchgreifen."
Besonders für Bissopfer ist die Lage oft sehr hart. "Ein Jahr lang musste ich immer wieder zum Bluttest, bis alles geklärt war", erzählt Franz Fichtinger, Gewerkschafter und Bissopfer. Er wurde bei einem Einsatz auf der Wiener Wiesn gebissen. "Es hat ganz banal angefangen. Die Zelte wurden geräumt und eine Gruppe Betrunkener hat randaliert. Wir waren unterwegs um eine Rangelei unter Gästen zu schlichten."
Oberschenkel-Biss
Ein weiblicher Lehrling trat plötzlich einem Kollegen gegen das Knie. "Bei der Festnahme hat sie mir oberhalb des Knies in den Oberschenkel gebissen", erzählt Fichtinger. Danach musste er zum Bluttest. "Nach zwei Wochen wieder und nach weiteren zwei Wochen erneut. Erst nach einem Jahr weiß man dann, ob wirklich keine Krankheit übertragen wurde."
Greylinger sieht durch die zunehmende Drogenszene – vor allem entlang des Gürtels – die Gefahr von Bissen steigen. "Immer häufiger wird MMC (Mephedron, Anm.) verkauft. Wer das konsumiert, kann kaum mehr gebändigt werden."
Während Greylinger die Einsatztrainings lobt, die Beamte verpflichtend besuchen, sieht er vor allem die Justiz gefordert. Denn wenn die Polizisten bei Festnahmen nicht ausreichend vor Übergriffen der Gegenseite geschützt sind, würden die Zugriffe härter werden. Wer einmal eine Festnahme in Australien oder den USA gesehen hat, weiß, was das bedeutet. "Solche Zustände wollen wir in Österreich keinesfalls", sagt der Gewerkschafter.
Greylinger betont, dass es eine gut ausgebildete und ausgerüstete Polizei derzeit besonders brauche – speziell bei der aktuell vorherrschenden Aufrüstung und der Bildung von Bürgerwehren. "Gerade bei der Sicherheit sind Profis enorm wichtig. Das ist Aufgabe der Polizei. Wenn der Staat nicht dafür sorgt, dann wird es gefährlich."
Elf Polizisten starben in den vergangen zwölf Jahren in Österreich in Ausübung ihres Dienstes. Der schlimmste Fall war jener in Annaberg im Jahre 2013, der gleich drei Beamten das Leben kostete. In der Wiener Polizeidirektion sind die in der Bundeshauptstadt getöteten Polizisten auf einer eigenen Gedenktafel verewigt.
Auch die Zahl der von anderen Menschen verletzten Polizisten steigt langsam, aber stetig an. Lag der Schnitt zwischen 2009 und 2012 bei 925 verletzten Beamten, so stieg die Zahl im Vorjahr bereits auf 992.
Noch stärker ist der Anstieg bei den Schwerverletzten. Wurden zwischen 2009 und 2012 noch durchschnittlich 61 Polizisten schwer in Mitleidenschaft gezogen, waren es im Vorjahr bereits 94. Eine bedenkliche Tendenz, meint Gewerkschafter Greylinger.
Rund 1000 weitere Beamte wurden im Dienst verletzt, etwa bei Türöffnungen oder in der Ausbildung.
Auf der anderen Seite erschoss die Polizei acht Menschen in den vergangenen sechs Jahren. Nur ein Fall davon war ungerechtfertigt – beim Einbruch in einen Merkur-Markt in Krems a.d. Donau wurde ein 14-jähriger Jugendlicher erschossen. Ein Beamter wurde zu acht Monaten bedingter Haft wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen verurteilt.
Kommentare