Tatsächlich verschafften ihm ein ehemaliger österreichischer Verfassungsschützer und ein Ex-FPÖ-Nationalrat für den Abend des 19. Juni 2020 ein Ticket in einem Privatflieger des Modells Cessna Citation Mustang 510 vom niederösterreichischen Flugplatz Bad Vöslau nach Minsk in Weißrussland. Marsalek zahlte laut Süddeutscher Zeitung in bar: 7.920 Euro.
Weiterreise nach Russland
Von Weißrussland soll der gebürtige Wiener weiter nach Russland weitergereist sein. Dort soll er sich unter Aufsicht des Inlandsgeheimdienstes FSB befinden. Doch nun wird es unübersichtlich.
Während er kurz nach der Flucht wie vom Erdboden verschluckt gilt, hält der mutmaßliche Milliardenbetrüger weiterhin Kontakt zu Vertrauten in der Heimat, wie zum Ex-Verfassungsschützer Martin W. Auch seinen Telegram-Account soll er noch Monate nach seiner Ausreise benutzt haben.
Aliasnamen
Aber hält sich der Gesuchte, bei dem alle Fäden der Wirecard-Malversationen zusammenliefen, tatsächlich im Raum Moskau auf? Vieles spricht dafür, doch es gibt auch Zweifel. Denn es tauchen mit der Zeit zu viele mutmaßliche Spuren von Marsalek auf. Kopien von diversen „falschen“ Reisepässen mit Aliasnamen, Videos und Fotos von Marsalek, die ihn in Russland zeigen sollen, wurden deutschen Medien zugespielt. So soll er in einer bewachten Wohnhausanlage an einer Prachtstraße außerhalb von Moskau logieren, wo vor allem russischer Geldadel residiert.
So wird auch gemutmaßt, dass sich der gebürtige Wiener womöglich unter der Obhut eines befreundeten russischen Oligarchen befinde. Geld dürfte Marsalek haben, wird ihm doch vorgeworfen, einen dreistelligen Millionenbetrag aus dem Wirecard-Konzern geschleust zu haben.
Doch welche Rolle spielen die russischen Nachrichtendienste in der Causa Marsalek wirklich? Und spionierte Marsalek für die Russen? Fakt ist: Der russische Geheimdienst FSB hat dem deutschen Nachrichtendienst BND angeboten, Marsalek zu befragen. Das Angebot wurde aber abgelehnt.
Marsalek hätte das Agententreffen sicher gefallen. Sein Freund Martin W., Ex-Abteilungsleiter im Wiener Verfassungsschutz, sagte bei seiner Einvernahme durch Kripo-Beamte aus: „Ich hatte irgendwie den Eindruck, als wollte Jan Marsalek auch ein Geheimagent sein.“
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