Wie Gershwin den Kugelschreiber nach Wien brachte

Wie Gershwin den Kugelschreiber nach Wien brachte
Ein Amerikaner in Wien: Erinnerungen an einen Besuch des amerikanischen Jahrhundertkomponisten George Gershwin.

Er zählt zu den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts und hat der Welt zahllose große Melodien hinterlassen. Dabei wurde George Gershwin nur 38 Jahre alt. Er starb vor 80 Jahren, am 11. Juli 1937. Neun Jahre davor besuchte er Wien.

Gershwin war im Februar 1928 zu einer mehrwöchigen Europareise aufgebrochen, die ihn – aus New York kommend – nach London, Paris und Berlin führte, ehe er am 27. April in Wien einlangte. Der Komponist wollte in jeder Metropole mit den wichtigsten Musikern seiner Zeit zusammenkommen. In Paris traf er Ravel, Prokofiev und Strawinsky, und für Wien waren Termine mit Lehár, Kálmán und Alban Berg vereinbart. Gershwin besuchte aber auch Adele Strauß, die 72-jährige Witwe des "Walzerkönigs", die ihm die Originalpartitur der "Fledermaus" zum Kauf anbot, die er aber nicht nahm.

Rhapsody in Blue

Emmerich Kálmán lud Gershwin zum Essen ins Sacher ein und hatte als "Dessert" eine Überraschung für seinen Gast parat: Man ging spätabends gemeinsam ins Café Westminster auf der Mariahilfer Straße, wo die 40-Mann-Kapelle Dolfi Dauber aufspielte. Die hatte sich, als Gershwin auf dem Weg nach Wien war, die Noten seiner Werke beschafft und tagelang seinen in Europa noch kaum bekannten Sound geprobt.

"Im Café Westminster angekommen, saßen die Herren noch nicht an ihrem Tisch", erinnerte sich Kálmáns Witwe Vera, "da intonierte die Kapelle schon Gershwins "Rhapsody in Blue". George hatte vor Freude Tränen in den Augen, er dachte, dass kein Mensch hier seine Musik kennt."Und dann eine kleine Geste: Gershwin nahm einen Stift aus der Sakkotasche. Es war ein Stift, der die Künstlerrunde in Erstaunen versetzte, da man ein solches Ding hier noch nie gesehen hatte.

"Das ist ein Kugelschreiber", sagte Gershwin, "ein neues Schreibgerät aus den USA. Mit diesem Stift habe ich die 'Rhapsody in Blue' geschrieben. Ich schenke ihn Emmerich Kálmán."So ist der erste Kugelschreiber nach Wien gelangt. Gershwin komponierte im Hotel Bristol, in dem er mit seinem Bruder Ira wohnte, Teile seines Meisterwerks Ein Amerikaner in Paris, das noch im gleichen Jahr in der Carnegie Hall uraufgeführt wurde.

Autodidakt Gershwin

In Wien machte auch jene berühmte Episode die Runde, die Gershwin aus Paris mitgebracht hatte. Bei seinem Treffen mit Igor Strawinsky sagte der geniale Autodidakt Gershwin zu seinem russischen Kollegen: "Ich kenne Ihre Werke aus dem Konzertsaal und ich verehre Sie. Ist es denkbar, dass man bei Ihnen lernt, dass man bei Ihnen Stunden nimmt? Sofern ich mir das leisten kann."

Strawinsky fragte daraufhin: "Wie viel verdienen Sie, Mr. Gershwin?"

Der sagte: "Eine Million Dollar im Jahr."

Da lachte Strawinsky: "Dann, bitte, unterrichten Sie mich!"

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