Wie der Klimawandel die Täler trifft

Nach einem Unwetter gab es im Sölktal Millionenschaden
Studie läuft drei Jahre. Doch Forscher prognostizieren bereits, dass schwere Unwetter häufiger werden.

50 Gebäude zerstört, zwei Meter hoch verschlammte Straßen, weggerissene Brücken und eine Luftbrücke, um eingeschlossene Bewohner mit dem Notwendigsten zu versorgen: Als das Sturmtief "Petra" im Juli 2010 auch Österreich erreichte, traf es das obersteirische Sölktal mit voller Wucht.

Kurz, aber enorm war dieses Unwetter, das Sachschäden in Millionenhöhe verursachte. Das kann künftig öfter geschehen, prognostiziert Professor Oliver Sass von der Uni Graz. "Es gibt dafür Anzeichen." Es werde öfters Niederschläge geben, die heftig seien. All das hänge mit dem Klimawandel zusammen. "Der findet statt. Aber die Frage ist, welche Auswirkungen hat er?"

Den globalen Effekt wollen Sass und seine Kollegen deshalb auf die regionale Ebene herunter brechen. Allgemein geht die Wissenschaft von einer Klimaerwärmung von ein bis zwei Grad innerhalb von hundert Jahren aus. In einem dreijährigen Forschungsprojekt nehmen die Grazer Wissenschafter das Sölktal und das Johnsbachtal unter die Lupe und hinterfragen, was bis zu zwei Grad Plus für die Regionen bedeuten können. "Diese Täler haben nichts Besonderes, aber das ist genau der Grund, warum wir sie ausgewählt haben", begründet Sass. "Wir wollten zwei typische Einzugsgebiete der steirischen Alpen mit vergleichbaren Bedingungen, wie es sie in vielen Tälern gibt."

Speziell ist aber die Zusammensetzung des Teams: Neben Sass’ Geografen sind auch das Institut für Volkswirtschaftslehre und sogar Philosophen dabei. Das ergebe ganz andere Fragestellungen. "Das ist das Besondere an dem Projekt. Wie ist es mit dem Schaden und was sind die Folgen? Gibt es eine Verantwortung des Einzelnen, einer Gruppe oder der Gesellschaft?", zählt Sass auf. "Wer ist dafür verantwortlich, einer Region Schutz zu gewähren?"

Anrainer im Gespräch

Während die Geografen Daten über Hochwässer oder Muren sammeln und die Ökonomen die finanzielle Seite betrachten, hören sich die Geisteswissenschafter bei den Bewohnern der Täler um: "Wir wollen sehen, was fühlen die Leute, wenn so etwas passiert ist? Fühlen sie sich bedroht?"

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften unterstützt das Forschungsprojekt "EE-Con" mit rund 300.000 Euro. Am Ende sollen auch Handlungsempfehlungen für die Täler entwickelt werden, doch Sass betont: "Im Grunde handelt es sich hier natürlich schon um ein wissenschaftliches Vorhaben."

Aber er skizziert mögliche Konsequenzen: "Man sollte sich darauf einstellen, dass solche Ereignisse wie im Jahr 2010 häufiger werden. Dann stellte sich die Frage, wie gehen wir dort damit um?" Mache es Sinn, immer wieder aufs Neue die Ufer der Bäche zu befestigen oder einzelnen Gehöfte zu sichern? "Man muss sich fragen, wäre es nicht doch ökonomischer, abzusiedeln? Aber das ist eine ethische und politische Frage."

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