Werbegags, die Wunder wirken
„Bitte schreiben Sie mir ein Mail. Alle fünf Minuten rufen mich irgendwelche Pressefuzzis an“, sagt Rudolf Seebacher leicht genervt am Telefon. Den Rummel um seine Person dürfte der Bauer aus Bad Mitterndorf (Steiermark) unterschätzt haben. Weil er mit seinem Pferd Frieda eine Runde im Regionalzug drehen wollte, schrieben sich Reporter in der ganzen Welt die Finger wund. Das Video wurde bereits mehr als 75.000 Aufrufe geklickt. Eine PR-Aktion soll aber nicht dahinter stecken.
Für Medienwissenschaftler Matthias Karmasin ist es kein Zufall, dass die Berichterstattung überhand nahm: „Durch soziale Medien ist es natürlich leichter Dinge in der Welt zu verbreiten. Es gibt aber ein Steuerungsproblem.“ Die Auswirkungen seien schwer zu kontrollieren. Wer jedoch gezielt mit solch einer ungewöhnlichen Aktion auffallen will, betreibt im Fachjargon Guerilla-Marketing.
Känguru im Park
Auf diese Strategie setzte eine österreichische Unternehmerin in Australien. Im April 2016 ließ ein vermeintliches Känguru im Wiener Stadtpark die Telefonleitungen von Polizei und Tierschutzvereinen heiß laufen. Journalisten schauten einen Sprung im Stadtpark vorbei und legten sich samt den Fotografen auf die Lauer. Selbst Schaulustige suchten nach dem vermeintlich ausgebüchsten Tier aus Down Under. Die Stadt Wien durchforstete den gesamten Stadtpark von oben bis unten, der Tiergarten Schönbrunn zählte seine Kängurus durch. Tags darauf folgte die Auflösung: Das Bild war bearbeitet worden, die Werbeaktion für Bademode ein Erfolg. Die Österreicherin musste dafür nicht einmal tief in den (Geld)-Beutel greifen.
„Mit pfiffigen Ideen kann eine offensichtliche kleine Guerilla-Werbeaktion im Nachgang Zigtausende Views generieren und zum Hit werden. Das macht diese Art von Werbung auch so attraktiv für Kleinunternehmen und Start-ups“, sagt Roman Soriat von der Online-Plattform Ideenwunder.at.
Angebissen hatten die Medien auch bei einer PR-Aktion von McShark. Ein Promoter hatte sich im vergangenen Oktober bei der Eröffnung vor das Geschäft gestellt, und wurde von Polizisten wegen des Verschleierungsverbots abgestraft. In Wirklichkeit wollte man Aufmerksamkeit erregen. „Der bekannte Marketing-Gag von McShark ist natürlich ein großer Coup. Laut Medien wurden dabei 150 Euro für eine Strafe investiert – und dafür 50 Millionen Sichtkontakte generiert. Klingt alles sehr leicht, doch dahinter steckt viel Hirnschmalz und eine ausgesprochen gute Planung“, schildert Soriat. „Schon die kleinste Guerilla-Marketing-Aktion ist meist sinnvoller als das zehnte Inserat.“
Rüge von PR-Ethikrat
Dem steuert Medienwissenschaftler Matthias Karmasin entgegen. Denn nur mit „klassischer Werbung“ könne meistens ein kontrolliertes Ergebnis geschaffen werden. Denn Guerilla-Marketing könne auch nach hinten losgehen. Bestes Beispiel ist jenes der falsch zugestellten Pistenraupe in Seefeld.
Der Geschäftsführer der Olympiaregion, Elias Walser, postete im November 2016 das Foto eines Pistengerätes auf einem Lkw. Die Lieferung soll versehentlich anstatt nach Seefeld in Tirol in das 989 Kilometer entfernte schleswig-holsteinische Seefeld geliefert worden sein. Tage später entpuppte sich das Ganze als PR-Gag.
Es folgte ein Berg der Entrüstung. Neben dem Deutschen Rat für Public Relations rügte auch der österreichische PR-Ethikrat den Tourismusverband. Für einige ist die Aktion auch heute noch nicht Schnee von gestern.
Mitarbeit: Vanessa Zwieb
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