Wegen Aufenthaltstitel: Biete Scheinehe, verlange 1.000 Euro
Nach außen war es Liebe, nach innen ein Geschäft: Die Rede ist von einem Fall einer Scheinehe, der nun in Kärnten aufgeflogen ist. Wie die Polizei am Donnerstag bekannt gab, konnte nach einem Hinweis der Finanzpolizei ein 55-jähriger Mann aus Bosnien und Herzegowina ausgeforscht werden, der mit einer 41-jährigen Frau aus Mittelkärnten eine Ehe eingegangen war. Nicht aus Liebe, sondern zum Erlangen eines Aufenthaltstitels.
Hohe Dunkelziffer
Der Mann ist geständig und gab bei seiner Befragung an, dass für die Ehe eine Bezahlung vereinbart wurde. Nach anfänglichem Leugnen gestand auch die Frau. "Wie viel Geld geflossen ist und wie sich die beiden kennengelernt haben, ist Gegenstand der Ermittlungen", sagt Polizeisprecher Dominik Sodamin. Es drohen bis zu drei Jahre Haft.
Es bleibt die Frage, wie das Geschäft mit Scheinehen in Österreich funktioniert? Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt (BK) in Wien, kennt die Maschen der Täter: "Seit vielen, vielen Jahren beobachten wir das Geschäft mit Scheinehen", erklärt er.
Wie viele Scheinehen tatsächlich Jahr für Jahr mit einem Jawort besiegelt werden, sei schwer festzumachen. "Die Dunkelziffer ist enorm hoch. Die Standesämter müssen beim geringsten Verdacht die Fremdenpolizei verständigen. Wir gehen von einer dreistelligen Ziffer aus", sagt Tatzgern.
Wie die Kriminellen das System "Große Liebe für großes Geld" betreiben, hat auch ein Fall in Wien im vergangenen Jahr verdeutlicht. Beamte der Fremdenpolizei und der Wiener Polizei konnten eine mutmaßliche Tätergruppe rund um einen 49-jährigen Serben ausheben, der seit 2016 insgesamt 27 Ehen vermittelt haben soll. Für eine Vermittlungsprovision von 10.000 Euro pro Fall, soll der Mann mit zwei Komplizen zahlungswillige Drittstaatsangehörige aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo Aufenthaltsehen mit meist ungarischen Frauen organisiert haben. Die Ehen wurden in serbischen Standesämtern geschlossen.
Das Ziel der Eheschließungen war es laut Polizei, sich bei österreichischen Einwanderungsbehörden Aufenthaltstitel zu erschleichen. Denn als Angehöriger eines EWR-Bürgers erlangten die jeweiligen Drittstaatsangehörigen Zugang zu Arbeitsmarkt, Sozialsystem und Sozialleistungen.
Mafiöse Strukturen
"Wir sprechen beim Geschäft mit Scheinehen ganz klar von Organisierter Kriminalität", sagt BK-Mann Tatzgern. Organisiert würden die Scheinehen meist von mafiösen Gruppierungen, die eigene Vermittler beschäftigen. "Diese führen Listen von heiratswilligen Frauen, denen für ihr Jawort 1.000 bis 4.000 Euro versprochen werden. Meist erhalten sie aber nur eine Anzahlung von 500 Euro", erzählt Tatzgern.
Die Frauen würden meist aus Rumänien, Bulgarien oder Litauen stammen. Ihre künftigen Ehemänner aus Nigeria, Somalia, Algerien oder Marokko. "Wir kennen auch Fälle, in denen den Männern von den Vermittlern ganz bewusst empfohlen wird, ihre Ehefrau so rasch wie möglich zu schwängern, damit eine Abschiebung nicht mehr möglich ist", sagt Tatzgern.
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