Weg zu Bienenstöcken führt Raubtier an Häusern vorbei
Sechs Bären sind derzeit zwischen Karawanken und Karnischen Alpen unterwegs. Fünf „Überfälle“ auf Bienenstöcke wurden heuer schon gezählt. Ein Tier dürfte sogar richtig treu sein und kommt immer wieder. Seine Route nach Techanting in der Gemeinde Finkenstein am Faaker See führt dann ganz nahe an Wohnhäusern vorbei.
Denn am vergangenen Wochenende fand, wie berichtet, Friedrich Oman, 66, einige seiner Bienenstöcke geplündert vor. Der Weg zu dem süßen Imbiss führt für „Meister Petz“ direkt durch eine Streusiedlung. „Bemerkt haben wir nichts, der kommt ja lautlos“, sagt der Imker. „Es ist bestimmt derselbe wie vor zwei Jahren.“ Denn der Bär stieg über dieselbe Stelle beim Schutzzaun, die er schon vor zwei Jahren mühelos überwunden hatte.
Omans Frau Johanna, 67, hat beim Gedanken an ein am Haus vorbei schleichendes Raubtier ein mulmiges Gefühl: „Man kann ja nicht wissen, was passiert.“ Landwirt Eduard Rossmann, 48, ist auf Bären gar nicht gut zu sprechen: „Das Gesindel gehört weg! Ich hab’ auf der Alm Mutterkuhhaltung und viele Kälber, wer weiß, was da noch kommt. Den Wolf haben wir ja auch schon hier.“
Spuren
Außerdem könne niemand garantieren, dass die Bären nicht auch Mountainbiker angreifen, die durch den Wald fahren. „Die Viecher sollen in einem Nationalpark bleiben“, knurrt Rossmann und erzählt: „Und die Wildschweine graben hektarweise unsere Wiesen um.“
Ruth Omann, 64, wirkt bestürzt, als sie vom Besuch des Bären hört. Das Tier ist direkt neben ihrem Haus vorbeispaziert: „Da war ich zum Glück bei meiner Tochter in Mauthen und hab’ nichts mitbekommen.“ Sie bestaunt die Spuren im letzten Schnee, die vom Bären stammen könnten: „Ich kann ja keinen meterhohen Zaun aufstellen. Jetzt geh’ ich vorerst einmal nicht in den Wald.“
Kärntens Bärenanwalt Bernhard Gutleb rät jedoch gerade zu Zäunen, allerdings zu elektrischen. Und die müssen nicht meterhoch sein: „Wem seine Bienenstöcke am Herzen liegen, der sollte eine solche Abgrenzung anbringen.“ Der Finkensteiner Bär kenne bereits die Plätze: „Er hat gelernt, dass es hier Jausenstationen gibt.“
Honig und Aufzucht seien jedoch nur für den Genuss bestimmt: „Fotos aus der Wildkamera eines Jägers zeigen, dass er gut genährt ist.“
Man werde dem Tier jedoch kaum begegnen, meint Gutleb und fügt hinzu: „Unsere Bären sind nicht so mächtig und aggressiv wie Schwarzbären und Grizzlys in Amerika.“ Außerdem seien sie hierzulande etwa 110 Zentimeter hoch und rund 160 Kilo schwer.“ Deshalb könne er auch die Sorge um Kühe und Kälber zerstreuen: „Eine Mutterkuh mit etwa 600 Kilo geht die Bären an.“
Keine Gefahr
Auch Mountainbiker und Schneeschuhwanderer seien durch Bären nicht gefährdet: „Der menschliche Geruch lässt das Tier in Panik flüchten.“ Bei einer Begegnung mit „Meister Petz“ soll man laut Gutleb in normalem Tonfall etwas sagen und weggehen. „Fühlt man sich sicher, weil man etwa durch einen kleinen Graben vom Bären getrennt ist, dann kann man die Szene beobachten und genießen.“
Im Frühjahr gehen pubertierende Bärenmännchen gerne auf Wanderschaft. Führt die Reise nach Süd- oder Nordtirol, endet sie in der Regel im Museum. 2006 hat etwa Problembär Bruno dieses Schicksal erlitten. Über den Brenner nach Österreich eingewandert, pendelte er eine Zeit lang zwischen Tirol und Bayern, wo er schließlich eine Kugel verpasst bekam. Heute steht er ausgestopft in Schloss Nymphenburg in München.
Museumsreife hat ab Freitag auch M12. Das Präparat des Braunbären wird künftig in St. Kassian in Südtirol präsentiert. Das dortige Museum Ladin ist somit um eine Attraktion reicher. Dessen wissenschaftlicher Leiter Herwig Prinoth will trotzdem nicht von einem Glücksfall sprechen. „Uns wäre lieber, wenn M12 noch leben würde.“
Der war immer wieder in Nordtirol zu Gast. Im Juni 2012 wurde er aber in Südtirol gewissermaßen von einem Auto erlegt. Das gleiche Schicksal ereilte seinen Bruder M14. Er kann ab Montag im Naturmuseum Bozen bestaunt werden. Dem dritten Bruder dieses Wurfs ist es nicht besser ergangen. Er hatte sich in Nordtirol im Vorjahr den Ruf eines Problembären eingehandelt und wurde in der Schweiz erschossen. Heute gehört er dem Bündner Kunstmuseum, wo schon Brunos Bruder JJ3 einen Stammplatz hat. Er wurde ebenfalls in der Schweiz erschossen.
Ihren Anfang nahmen alle diese Geschichten im Trentino. Fortsetzungen möglich. „Die dortige Population wächst “, weiß Christian Pichler vom WWF. „Der nächste Bär kommt also bestimmt.“ Ein Problem sei das an sich nicht. „Problematisch ist nur die fehlende Akzeptanz.“ Dass Bären sich wie in der Vergangenheit immer wieder in Siedlungen vorwagen, lasse sich vermeiden. „Sie kommen dort oft zu leicht an Nahrung heran. Dass kann man aber verhindern. So können etwa Schafe und Bienenhäuser mit Elektrozäunen gesichert werden. „Platz gibt es für Bären jedenfalls genug.“ Auch im dicht besiedelten Tirol.
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