Was Menschen mit Behinderung auf Festivals erwartet
Wenn Daniel Schörghofer von 17. bis 19. August das Frequency Festival in St. Pölten besucht, dann schon zum zwölften Mal. Doch für Daniel es deutlich schwieriger, als für die meisten anderen Festival-Besucher. Er hat eine Mobilitätseinschränkung und kann weder weitere Strecken gehen, noch längere Zeit stehen.
Er ist einer von vielen Menschen, die trotz ihrer Behinderung gerne Festivals besuchen, auch wenn das nicht immer ganz einfach ist. Während andere tanzen, trinken und Spaß haben, müssen sie sich im unwegsamen Gelände oft abmühen oder stehen vor anderen Herausforderungen.
Die Vorbereitung startet für ihn schon Wochen zuvor. Im Internet oder telefonisch müssen meist vorab Informationen zur Barrierefreiheit eingeholt werden. Neben den offiziellen Festival-Websites gibt es auch Plattformen, auf denen Menschen ihre Erfahrungen und Tipps teilen.
Den Ablauf kennt auch Claudia Miler. Sie schafft als sogenannte Sensing Journey Expertin bei der Beratungsfirma myAbility Bewusstsein für Behinderungen in Unternehmen. Auch sie selbst sitzt im Rollstuhl. Der Frau, die es liebt, Festivals zu besuchen, ist es besonders wichtig, dass das Gelände dort nicht zu schwierig zu befahren ist. Darum kümmern sich die meisten Veranstalter – aber nicht alle.
Damit „da alles passt“, würden etwa beim Nova Rock im burgenländischen Nickelsdorf schon im Vorfeld diverse Wege und Zugänge „aktiv mit Menschen mit Behinderung getestet“, erklärt Gerold Haubner von Barracuda Music, dem Unternehmen, das hinter Festivals, wie dem Nova Rock oder Frequency, steht. Bei letzterem gebe es befestigte Wege zu allen Bühnen und WC-Anlagen, meint Harry Jenner, Veranstalter jenes St. Pöltner Festivals, das sich laut eigenen Angaben schon „seit Anbeginn“ darum kümmert, barrierefrei zu sein.
Zu wenig Platz
Neben befestigten Wegen benötigt der 30-jährige Daniel Schörghofer aber auch Bereiche zum Ausruhen, die häufig auf Rollstuhltribünen vorhanden sind. Diese gibt es auf den meisten Festivals.
Doch so gut ein erhöhtes Podest, das bessere Sicht für Menschen mit Behinderung ermöglicht, auch klingt – es bringt auch Schwierigkeiten mit sich. „Oft sind sie zu klein“, erklärt Claudia Miler.
Das größte Problem aber sei, dass kaum kontrolliert wird, wer auf die Tribüne darf: Um billigere Tickets zu ergattern, geben sich immer mehr nichtbehinderte Menschen als Rollstuhlfahrer aus, erzählt die 37-Jährige. Für sie ist das eine „ethische und moralische Katastrophe“, denn: „Für Leute, die wirklich auf ihren Rollstuhl angewiesen sind, ist dann kein Platz mehr“. Dieses Problem könne durch eine bessere Kontrolle des Behindertenpasses gelöst werden.
Daniel Schörghofer hingegen hat nur positive Erfahrungen mit dem Publikum gemacht. „Festivalbesucher fühlen eine gewisse Zusammengehörigkeit“, erzählt auch Claudia Miler, „die Musik verbindet“. Zwar würde sie, da sie sehr klein ist, immer wieder übersehen, aber wenn sie registriert wird, nehmen fast alle Rücksicht.
Auf die Hilfe anderer sei sie kaum angewiesen, trotzdem „ist es gut, Freunde mitzuhaben“. Auch, wenn es darum geht, zu campen. Das hat Miler allerdings schon seit mehreren Jahren nicht mehr gemacht. Der Grund dafür ist allerdings nicht ihre Behinderung, sondern: Ein Festival-Besucher hat sein Geschäft in ihrem Zelt verrichtet – seitdem ist sie zeltlos.
Stilles Örtchen
Apropos „Geschäft verrichten“: Daniel Schörghofer sieht hier Verbesserungspotenzial, Zwar gebe es auf Festivals meist Wasserklos, die Menschen mit Behinderung benutzen dürfen, aber viel zu oft sei das aus baulichen Gründen schwierig.
Das ist eines jener Beispiele, die für ihn zeigen, dass Veranstalter zwar „stets bemüht“ sind, aber so manches „nicht ganz durchdacht“ ist. Das erzählt auch Claudia Miler: „Veranstalter sind ambitioniert, aber manches wird leider schlecht umgesetzt“.
Es müsse zwar noch an der „Aufklärung der Security“ und dem „Informationsaustausch mit Betroffenen“ gearbeitet werden. Im Großen und Ganzen sind die beiden aber „erfreut über die Fortschritte“, die die Veranstalter machen.
von David Holzmann
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