Keine U-Haft für den Lenker, der am Sonntag am Schottenring eine Frau getötet hat, als er eine rote Ampel überfahren hat. Das wurde am Mittwoch entschieden, die Diskussionen halten an.
Am Tag nach der Enthaftung wurden die Gründe, die zu dieser Entscheidung führten, konkretisiert. Laut Christina Salzborn, Sprecherin des Straflandesgerichts in Wien, geht der Richter nach Sichtung des Videos, aufgezeichnet von einem hinter dem Unfalllenker fahrenden Tesla-Lenkers, nicht mehr von einem verabredeten Rennen aus.
Dass keine U-Haft verhängt wurde, liegt auch in der vergleichsweise geringen Strafandrohung (drei Jahre) für fahrlässige Tötung – und genau dieses Delikt wird dem Lenker vorgeworfen. Fluchtgefahr bestehe nicht, weil der Syrer, der als Tourist in Wien war, schon lange in Belgien lebt, dort gut integriert ist und „seit 2014 ein namhaftes Restaurant“ betreibt.
Der Wiener Strafrechtsanwalt Richard Soyer ist überzeugt, dass die Behörden in dieser Angelegenheit nicht extra großzügig gewesen seien und die (kurze) Zeit der Inhaftierung für die Prüfung der Lebensumstände des Verdächtigen genutzt hätten.
„Der europäische Haftbefehl funktioniert, der Mann lebt in geordneten Verhältnissen und hat einen Wohnsitz in Belgien, was einem inländischen Wohnsitz gleichzusetzen ist“, erklärt der Anwalt, „die Entscheidung der Enthaftung kommt jetzt nicht so überraschend.“ Auf Nachfrage betont Soyer, bei Verkehrsunfällen „die Mordkarte nach unseren Wertmaßstäben im Koffer“ zu lassen: „Autofahren ist zwar eine gefährliche Tätigkeit, aber sozialadäquat. Man geht im Straßenverkehr ja nicht davon aus, dass man jemanden verletzt oder tötet.“
Härtere Strafen
Armin Kaltenegger, Jurist des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, sieht hingegen in Österreich eine „sehr lockere“ Tradition im Umgang mit der U-Haft und auch bei Tötungsdelikten im Straßenverkehr auffällig geringe Strafen im europäischen Vergleich. Er fordert deshalb, die gesetzlichen Möglichkeiten bei Delikten wie verabredete Straßenrennen, Raserei, Alkohol am Steuer sowie bei Unfällen mit Toten massiv zu verschärfen.
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