Wandern auf der Alm: Ku(h)ltur mit Vorsicht genießen
Wäre das Weidevieh nicht, würde Österreichs Kulturlandschaft auf der Alm ganz anders aussehen: Verbuscht und fürs Wandern uninteressant. Jedes Jahr werden deshalb Tausende Kühe auf eine von 8.014 Almen getrieben. 2021 standen laut der österreichischen Landwirtschaftskammer (LKÖ) so 298.850 Rinder auf der Alm.
So beruhigend das Bild einer Kuh, die mit ihrem Maul genüsslich Bergkräuter abgrast, aber auch sein mag, ungefährlich ist sie deshalb nicht. Denn jedes Jahr passieren laut Kuratorium für Alpine Sicherheit drei bis vier Unfälle, bei denen Kühe Wanderer verletzen.
Kontakt vermeiden
Ein sicherer Abstand zum Weidevieh sollte immer gehalten werden. Die Tiere nicht streicheln oder füttern, sie haben auch so genug zu fressen.
Überblick verschaffen
Noch bevor man sich den Kühen nähert oder eine Weide betritt, sollte man sich einmal umsehen: Wie komme ich rein und wie im Notfall schnell wieder raus? Gibt es ein Tor, nie vergessen, dieses wieder sorgfältig hinter sich zu schließen.
Ruhig verhalten
Prinzipiell sollte man eine Weide zügig durchqueren. Je unaufgeregter man sich selbst dabei verhält, umso unaufgeregter auch das Tier, so eine Faustregel. Vor allem Jungvieh kann neugierig sein. Nähert sich ein Weidevieh, ruhig bleiben, ihm nicht den Rücken zukehren und den Tieren einfach ausweichen.
Mutterkühe umgehen
Ist auf der Wiese eine Kuh mit einem Kälbchen zu sehen, sollte man den Kontakt unbedingt vermeiden. Mutterkühe können zum Schutz ihrer Kälber besonders aggressiv werden – vor allem wenn ein Hund als Wegbegleiter mitgeführt wird
Hund unter Kontrolle halten.
Mit Hund sollte man im besten Fall Weiden – auf markierten Wanderwegen – umgehen. Sich deshalb schon vor der Wanderung informieren, wo man denn durch muss. Ist das Umgehen nicht möglich, gilt es als Halter, den Hund an der kurzen Leine zu führen. Ist jedoch ein Angriff durch ein Weidetier abzusehen: den Hund sofort ableinen und laufen lassen.
Gutes Schuhwerk
Die Ausrüstung muss immer stimmen. Geht eine Kuh auf Angriff, ist gutes Schuhwerk Gold wert. Denn dann heißt es, schnell weg von der Weide.
Zwar ist das im Verhältnis zur Zahl der Gäste auf den Almen und zu anderen Unfallursachen beim Wandern (von 1. Mai bis 12. Juli 2022 verunfallten 672 Wanderer) gering, jedoch hat man heuer den Schnitt von drei schon erreicht: der jüngste Vorfall fand Anfang Juli statt. Zwei Männer wurden im Salzburger Pinzgau bei einer Kuhattacke schwer verletzt. Der Besitzer der Kuh wurde ausfindig gemacht. Man werde der Staatsanwaltschaft berichten, so die Polizei, diese müsse über eine Fahrlässigkeit entscheiden. Laut Landwirtschaftskammer hätte sich die Rechtssicherheit für Bewirtschafter 2019 entscheidend verbessert.
„Wer den Lebens- und Wirtschaftsraum Alm aufsucht, ist auch im Sinne der eigenen Sicherheit gefordert, gewisse Spielregeln einzuhalten“, appelliert Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger. Bereits um die 10.000 Tafeln hat die Kammer an Wanderstrecken angebracht, um auf die wichtigsten Verhaltensregeln gegenüber Kühen aufmerksam zu machen.
Ungewohnter Umgang
„Kühe sind keine Raubtiere, sie sind aber auch keine Schmusetiere“, sagt Max Hörmann, Tierwohl-Experte bei der Landwirtschaftskammer. Mit dem Andrang auf den Almen würden zudem mehr Menschen kommen, die den Umgang mit so großen Tieren nicht gewohnt seien. Abhängig von der Rasse kann eine Kuh etwa 600 bis 700 Kilogramm wiegen. Die Schulterhöhe beträgt etwa 140 Zentimeter. Beginnt das Tier zu laufen, kann es bis zu 40 km/h erreichen.
Besondere Vorsicht gelte beim Wandern mit Hund, denn „so gut wie immer ist bei Vorfällen ein Hund mit im Spiel“, so Hörmann. Die wolfsähnlichen Tiere veranlassen vor allem Mutterkühe dazu, ihre Kälber beschützen zu wollen. Generell gelte es bei diesem Gespann Abstand zu halten. Jungrinder können hingegen auch einfach so neugierig sein und loslaufen.
Anzeichen für aggressives Verhalten seien etwa, wenn die Kuh ihren Kopf senke und direkt auf einen zugehe. „Oft ist das aber auch einfach eine Warnung.“ Zur Sicherheit einen Stecken dabei haben und sich damit groß machen, so Hörmanns Tipp.
Ob die Kuh angreift, hängt übrigens nicht mit der Farbe der Wanderkleidung zusammen. Dass Rot Kühe aggressiv macht, ist ein Märchen. Rinder sind beinahe farbenblind. Immerhin sehen sie aber das satte Grün der Almwiesen.
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