Wahlen wegen Coronavirus verlegt: Ein beispielloser Vorgang
Die Bundespräsidentenstichwahlverschiebung 2016 war der bisher einzige Fall, in dem bundesweite Wahlen auf einen späteren Zeitpunkt verlegt wurden. Und das passierte nur wegen Kuverts, die nicht richtig pickten.
Lästig und ärgerlich vielleicht, aber harmlos gegen den Grund der Absage der Gemeinderatswahlen in Vorarlberg und der Steiermark: Sie wurden wegen der Coronakrise aufgeschoben. Sie hätten am vergangen Sonntag (Vorarlberg) beziehungsweise kommenden Sonntag in der Steiermark stattfinden sollen.
Einzigartig in der Geschichte
Die Verschiebung von Wahlen aus Gesundheitsgründen ist einzigartig in der österreichischen Geschichte. In manchen Wahlordnungen oder Landesverfassungen ist die Verschiebung gar nicht verankert. In der Steiermark etwa musste eigens rasch ein neuer Passus für die Wahlordnung geschrieben werden, der am Dienstag in einem Sonderlandtag beschlossen wurde. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, ÖVP, betonte bei der Sitzung, dies sei die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, „Zaudern und Zögern bringt uns nicht weiter. Aber in absehbarer Zeit werden wir unser gewohntes Leben wieder zurück haben.“
In Vorarlberg gab es dagegen bereits einen entsprechendem Passus in der Landesverfassung. Die beiden Kommunalwahlen mit insgesamt mehr als einer Million Wahlberechtigten werden wohl in den Herbst verschoben Vorarlberg erlaubt eine Frist von bis zu neun Monaten, die Steiermark sechs Monate.
Gesetze prüfen
Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle regt aufgrund dieses Anlassfalles an, sämtliche Landesverfassungen und Wahlordnungen auf entsprechende Richtlinien zu überprüfen. „Es wäre ratsam, bei allen zu schauen, ob es Regelungen gibt.“ In der Bundesverfassung ist zumindest eine Bestimmung enthalten: Treten Umstände ein, die den Anfang, die Fortsetzung oder die Beendigung der Wahlhandlung verhindern, so kann die Wahlbehörde die Wahlhandlung auf den nächsten Tag verlängern oder verschieben, lautet die Definition in Artikel 24.
„Je älter eine Rechtsmaterie ist, desto eher findet man darin solche Zugänge“, erläutert Stainer-Hämmerle. „Das hat mit der Nähe zum Krieg zu tun, aber da ging es eher um Infrastruktur, um Verkehrswege.“ Gedacht waren sie somit mehr für Naturkatastrophen, die den Bürgern den Weg ins Wahllokal unmöglich machen.
Bis Donnerstagmittag waren Landes- wie Gemeindepolitiker davon überzeugt, die Wahlen durchführen zu können, wenn auch unter verschärften Hygienebedingungen und unter Absage fliegender Kommissionen für Pflege- oder Seniorenheime. Der Beschluss zur Verschiebung kam plötzlich. „Ich habe selbst lange gezögert, weil ich es nicht wahrhaben wollte“, gestand Schützenhöfer am Dienstag ein. „Aber jetzt ist jeder Einzelne gefordert, Vorbild zu sein.“
Zurück an den Start
Sein Vorarlberger Partei- und Amtskollege Markus Wallner sprach von einer „notwendigen Vorsichtsmaßnahme“ zum bestmöglichen Schutz der Bevölkerung und der Wahlkommissionen“. Während jedoch die Steiermark bloß verschiebt und alle bisher eingereichten Listen oder Wahlkartenanträge gültig bleiben, geht Vorarlberg zurück an den Start: Die Wahlen werden neu ausgeschrieben. Das könnte aber auch in der Steiermark noch passieren, wenn die Wahlen nicht binnen der Sechs-Monate-Frist stattfinden.
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