„Brauntöne kommen häufiger in der Natur vor als in der Stadt. Wir vermuten also, dass braune Vögel in einer eher grauen Stadt Nachteile haben“, erklärt Studien-Co-Autor Kaspar Delhey.
Farben erfüllen im Tierreich unterschiedliche Funktionen
Grundsätzlich erfüllt Farbe in der Fauna verschiedene Funktionen: Sie hilft Tieren z.B. dabei, den Körper warm zu halten bzw. sich vor Überhitzung zu schützen. Tarnung ist ebenso wichtig, wie gesehen zu werden; Kolorit kann die Partnerwahl und im Konkurrenzkampf entscheiden. Signaltöne wiederum dienen oft der Warnung. Ob schlicht oder schillernd – nichts bleibt dem Zufall überlassen.
Das bestätigt auch die aktuelle Studie. Ihr zufolge profitieren gefiederte Städter von einem auffälligen Federkleid; Weibchen noch mehr als Männchen.
Die Ornithologen liefern die Erklärung dazu: Tendenziell ist es zwischen Gebäuden wärmer als etwa im Wald, die Thermoregulation funktioniert bunt besser. Außerdem lockt der auffällige Auftritt keine Fressfeinde an, Raubvögel jagen selten durch Häuserschluchten. Im künstlichen Licht und vor dem Hintergrund von Beton oder Asphalt ist außerdem Schwarz angesagt. Gelb und Braun sind hier selten, sie begünstigen laut Auswertung eher das Überleben außerhalb von Siedlungsgebieten.
Farbspiele bestätigen sich in Österreich teilweise
„Bei uns sind im Brutvogelatlas zwölf Arten als Siedlungsvögel definiert“, sagt Eva Karner-Ranner von Birdlife Österreich. Die kleine Zahl an gefiederten Städtern zwischen Bregenz und Eisenstadt ist nicht ganz so bunt wie jene im großen globalen Datensatz der aktuellen Studie. Manches bestätigt sich aber auch hierzulande.
„Der Mauersegler ist der Stadtvogel par excellence“, sagt die Ornithologin. Der Gebäudebrüter, der den Großteil seines Lebens in der Luft verbringt, ist schwarz – eine Farbe, die laut Studie im urbanen Raum gut ankommt.
Auch die Straßentauben passen zu den bunten Ergebnissen. Am Hals metallisch grünlich und violett, mit hellgrauen Flügel und dunkelgrauem Kopf beschränken sich die Kulturfolger auf Städte, Dörfer und Siedlungen.
Der grau-braun-beige Haussperling, der vom City-Zentrum bis zum Dorf unterwegs ist, fällt aus der Rolle. Braunes und gelbes Gefieder kommt laut Analyse vor allem in natürlichen Lebensräumen vor. Doch der Spatz bestätigt ein anderes Ergebnis: Bei Samen fressenden Arten funktioniert die Verstädterung besser.
An heimischen Siedlungsrändern wird es richtig bunt
„Richtig bunt wird es bei uns erst durch grüne Siedlungsränder mit vielen Gärten“, sagt Karner-Ranner und verweist auf den zweiten Urbanisierung-Grad der Studien.
Der grün-gelbe Grünling zählt hier ebenso dazu wie der gelb-grüne Girlitz. Auch der Hausrotschwanz, einst in den Alpen heimisch, konnte sich im schwarz-grau-roten Gefieder gut an bewohntes Gebiet anpassen. Nicht zuletzt haben Buntspecht und Blaumeise ihre angestammten Habitate bis in die Großstadt erweitert.
„Die Stockente ist tatsächlich in Wien gelandet“, sagt die Birdlife-Expertin. Ob braun-blaues Weibchen oder Männchen im schillernden Prachtkleid: Die farbkräftigen Pärchen brüten mitunter sogar in Blumenkisterln. Für die Jungen freilich droht beim Absturz der Tod. Die verstädterten Wasservögel haben noch Lernbedarf.
„In städtischen Regionen gibt es weniger Arten als auf dem Land. Wenn wir dies in unserer Auswertung berücksichtigen, haben die Vogelbestände in der Stadt sogar eine größere Farbvielfalt“, sagt Juan Diego Ibáñez-Álamo, Erstautor der Studie.
Die Wissenschaftler sind sich einig, dass weitere Untersuchungen folgen müssen. Diese sollen schließlich zeigen, ob sich über Blauohr-Honigfresser und Weißkehl-Baumrutscher hinaus auch andere Tiergruppen farblich unterschieden, je nachdem, ob sie Städte erfolgreich besiedeln oder im urbanen Raum nicht gut zurecht kommen.
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