Wir haben ja zeitgleich mit dem Attentat unsere kostümierte Sitzung begonnen. Sobald wir gehört haben, welches Ausmaß das hat, haben wir sofort die Sitzung abgebrochen, im Einvernehmen mit der Behörde. Wir haben den Leuten hier mitteilen müssen, was passiert ist. Das war einer der traurigsten Momente in meinem Leben und einer der bedrückendsten, als ich da rausgehen hab’ müssen und den Leuten sagen, was da passiert ist.
Es hieß, die Sitzung wurde unter Polizeischutz abgebrochen?
Nein, das nicht, aber es war die Situation unklar, ob es weitere Täter gibt. Dazu ist die räumliche Nähe zum Tatort gekommen. Da war dann natürlich verstärkte Polizeipräsenz nötig, um den Abbruch der Sitzung und das Heimgehen des Publikums geordnet gewährleisten zu können. Damit da nichts passiert, war ein bisserl mehr Polizei vor Ort.
Sie haben drei Sitzungen und den Umzug abgesagt. In der langen Geschichte hatte es Absagen bisher nur in Corona-Zeiten gegeben?
Das ist so nicht ganz richtig. Beim Umzug gab es eine Absage, 1991 durch den Irak-Krieg. 2020 waren wir die letzte große Veranstaltung, bevor der Lockdown gekommen ist, 2021 und 2022 war kein Umzug, 2023 dann wieder. Die Sitzungen selbst haben wir sogar in Corona-Zeiten durchgeführt, einmal 2021 in der sogenannten Blase als TV-Aufzeichnung, das Jahr darauf im Rahmen der Möglichkeiten mit verringerter Publikumsanzahl. Faschingssitzungen haben wir also immer veranstaltet.
So gesehen ist das Geschehen heuer noch einmal außergewöhnlicher für Sie.
Ja, komplett. Wir sind ja auch ein ehrenamtlicher Verein und ein beschauliches Städtchen mit 65.000 Leuten. Hier erwartet man Spaß und Freude, aber doch nicht so etwas. Das ist einfach ein Wahnsinn.
Wie lange dauert es eigentlich, so ein Programm wie jenes des Villacher Faschings auf die Beine zu stellen?
Das muss man differenzieren. Wir haben zum einen die Faschingssitzungen, zum anderen dem Umzug am Faschingssamstag. Das ist eine riesengroße Party mit Umzug, der 3.000 Teilnehmer hat. Da arbeitet ein 20-köpfiges Team das ganze Jahr lang, um das vorzubereiten. Die Besucherzahlen lassen sich nur abschätzen, das sind mindestens um die 20.000, das ist auch ein wirtschaftlicher Faktor. Bei den Sitzungen ist es so, dass nach dem Fasching vor dem Fasching ist. Mit Aschermittwoch fängt bei uns in der Regel die neue Saison an, wir planen das Programm fürs nächste Jahr circa im Mai, Juni, die Proben laufen im Herbst an. Garde und Showtanz trainieren sowieso das ganze Jahr.
Hat die Gilde durch die Absagen Kosten, auf denen sie sitzen bleibt?
Wir sind gerade dabei, den wirtschaftlichen Schaden, der uns entstanden ist, zu evaluieren. Sie müssen denken, es sind drei Sitzungen ausgefallen. Wenn wir 700 Plätze verkaufen zu je 70 Euro, dann sind das gleich einmal 50.000 Euro pro Sitzung, die uns an Einnahmen fehlen. Dann gibt es noch weitere Ausgaben, die wir hatten, zur Vorbereitung der ORF-Sitzungen mit Technik und so weiter. Wir gehen derzeit einmal von rund 250.000 Euro aus, wobei Stadt und ORF schon signalisiert haben, dass sie uns nicht im Regen stehen lassen. Aber ja, der wirtschaftliche Schaden für die Gilde ist enorm.
Bevor es zur fixen Absage kam, wurde überlegt, dem Terror durch so eine Entscheidung nicht noch mehr Forum geben zu wollen.
Ja, das war meine Aussage und es ist nach wie vor so, dass ich sage, wir dürfen uns durch so was nicht unterkriegen lassen. Aber, und das ist das klare Aber, das letztendlich zu den Entscheidungen geführt hat: Die zeitliche Komponente und die räumliche Nähe zum Attentatsort ist einfach zu gering. Man kann nicht binnen 14 Tagen gleich zur Tagesordnung übergehen. Den Fasching wird sich zwar keiner verbieten lassen, aber es wäre nicht die erforderliche Stimmung und Freude mehr aufgekommen. Deshalb haben wir gesagt, wir brechen ab und machen nichts mehr, auch aus Pietätsgründen.
Wie waren die Reaktionen auf die Absage?
Innerhalb der Gilde war die Stimmung natürlich bedrückt. Nach außen hin ist es ja so: Welche Entscheidung du triffst, eigentlich ist sie falsch, die einen sagen so, die anderen so. Für uns war es die richtige Entscheidung, aus Pietätsgründen abzusagen. In weiterer Folge ist das größtenteils auf Verständnis gestoßen in der Bevölkerung, weil das zeitlich viel zu nahe war. Aber wir haben heuer 70-Jahr-Feier, wir sind in Vorbereitung, dass wir im Frühsommer eine Veranstaltung machen. Nicht als Ersatz, sondern als Zeichen, dass es trotzdem weitergeht.
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