Videokameras bringen wenig

Innenministerium und Polizei treten auf die Bremse. Videoüberwachung bringe nur eine Verdrängung. Ein weiterer Ausbau ist daher nicht geplant.
Nur an neun von 17 Standorten gibt es weniger Straftaten als zuvor.

Schon die Premiere der oft geforderten Videoüberwachung war ein Schlag ins Wasser. Am Schwedenplatz war vor Jahren ein mobiler Polizeiwagen mit einer Videokamera stationiert. Der Apparat filmte einen flüchtigen Räuber, nach dem anschließend in Zeitungen gefahndet wurde. Die Polizei lobte ihre Filmaufnahme. Wenig später war der Verdächtige ausgeforscht. Es handelte sich um einen Soldaten, der in Wahrheit nichts strafbares gemacht hatte.

„Verdrängung“

Im Jahr 2013 ist die Begeisterung längst geschwunden. „Man kann nicht sagen, wenn es Videoüberwachung gibt, ist die Kriminalität gleich null“, sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. „Am Schwedenplatz ist eine Verdrängung zum Donaukanal gelungen. Die Tabletten werden nicht mehr am Karlsplatz, sondern bei der Längenfeldgasse und der Kettenbrückengasse verkauft“, erklärt Walter Hladik vom Büro für Kriminalprävention der Wiener Polizei. „Man kann diese Szene nur verdrängen, aber nicht bekämpfen.“

Eine parlamentarische Anfrage der SPÖ an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zeigt, dass es lokal aber Erfolge gibt. Am Wiener Karlsplatz sank die Kriminalität um 75 Prozent. Ähnliches gelang in Graz. Warum in Linz am Hinsenkammplatz eine Videoüberwachung gebaut wurde, muss hinterfragt werden. Von einer Straftat pro Jahr ist die Zahl nun auf null gesunken. Das kostet aber stolze 1200 Euro im Monat.

„Die Videoüberwachung hat Auswirkungen, aber sie ist nicht das einzige Mittel“, sagt Grundböck. Am Karlsplatz wurde auch eine Schutzzone eingerichtet. „In dieser haben wir keine einzige Amtshandlung“, erklärt Hladik. Dazu gab es bauliche Maßnahmen in der Passage.

In Salzburger Hauptbahnhof sank die Kriminalitätsrate kurzfristig, hat aber im Vorjahr ein Vier-Jahres-Hoch erreicht. Statt 65 Straftaten wurden 81 registriert. Vom Innenministerium ist daher kein weiterer Ausbau geplant.

Graz will mehr

In Graz macht sich indes die Politik für eine weitere Überwachung stark. So soll der Volksgarten überwacht werden. Noch muss die Datenschutzkommission entscheiden, aber die Polizei tritt auf die Bremse. Sie befürchtet hohe Kosten und wenig Erfolge. Denn kleine Suchtgift-Deals werden gefilmt. Wegen Geringfügigkeit wird das Verfahren vom Staatsanwalt aber wieder eingestellt.

Ähnlich argumentieren Experten in der EU. 500.000 Kameras überwachen etwa London. „Aber nur drei Prozent der Straftaten werden dank Video aufgeklärt. Die Technik kostete Milliarden Pfund. Es wurde aber kein Gedanke daran verschwendet, wie die Polizei die Aufnahmen auswerten soll“, klagt der zuständige Scotland-Yard Chefinspektor Mick Neville. Europäische Kamera-Hochburgen wie Amsterdam oder Mailand kämpfen mit ähnlichen Problemen.

17 Standorte

Außer im Burgenland und Vorarlberg gibt es in allen Bundesländern eine Videoüberwachung durch die Polizei. Am teuersten sind die Standorte Linz und Vösendorf, die mehr als 4000 Euro pro Monat kosten. Nennenswerte Rückgänge bei der Kriminalität gab es am Wiener Karlsplatz, in Wiener Neustadt sowie in Graz am Jakominiplatz und am Hauptbahnhof. Eine leichte Besserung wurde in Villach registriert. Wenig bis nichts brachte die Überwachung in Klagenfurt, Ried, Tirol und rund um den Wiener Schwedenplatz.

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