Aus Angst vor dem Mann flüchtete sie ins Frauenhaus. Dort konnte sie nicht bleiben. Wegen einer Panikattacke wurde Sarah M. ihr Therapiehund abgenommen, auf den sie aber angewiesen ist. Sie stand kurz davor, obdachlos zu werden.
Brief an die Hofburg
In ihrer Not wandte sich die Wienerin an den Bundespräsidenten. „Der Herr Bundespräsident hat Ihr Schreiben erhalten und mit Bedauern von Ihrer schwierigen Lage Kenntnis genommen. Er ist gerne bereit, den Magistrat der Stadt Wien mit dem Inhalt Ihres Schreibens zu befassen und um Prüfung vorhandener Hilfsmöglichkeiten zu ersuchen“, hieß es in dem Antwortschreiben.
Es dauerte nicht lange, bis Sarah M. eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekam. Der Bundespräsident unterstützte die Wienerin aber auch noch in einer anderen Angelegenheit. „Ich hab’ mich entschieden, den Mann bei der Polizei anzuzeigen. Meine Einvernahme hat neuneinhalb Stunden gedauert.“
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Dort wurde die Wienerin von einer Polizistin befragt – und gleich darauf hingewiesen, dass grundsätzlich viele Frauen bei der Einvernahme lügen würden. Dass die Beamtin schon Schlimmeres gesehen hätte. Und es Frauen gibt, die Schmerz beim Sex ja mögen.
Sarah M. sprach daraufhin mit einer Psychologin, die sie bei der Einvernahme begleitet hatte, über den Vorfall. „Die Psychologin hat zu mir gesagt, dass ich zu wenig schockiert geschaut hätte. Muss man etwa schockiert schauen, um als Opfer ernstgenommen werden?“
Viereinhalb Monate nach dem Übergriff erhielt Sarah M. einen Anruf, dass der Mann, der sie vergewaltigte, zur Einvernahme vorgeladen wurde. „Ich war voller Hoffnung, weil ich viele Beweise gesichert hab’. Aber diese Hoffnung wurde bald zerstört“, schildert sie.
Verfahren eingestellt
Ihr Verfahren wurde - wie das vieler anderer - eingestellt. Sarah M. kämpft seither für die Wiederaufnahme ihres Falls. „Ich weiß, dass er wieder jemandem wehtun wird. Wie viele Frauen müssen noch verletzt werden, bevor sich etwas ändert?“, fragt sich die Wienerin.
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Von den angekündigten Gewaltambulanzen wusste Sarah M. nichts. „Ich habe in dem Moment nicht dran gedacht, irgendwas zu sichern. Die blutverschmierte Bettwäsche habe ich gewaschen.“
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