Verein Zeitpolster: Zeit als Geschenk und Belohnung

Verein Zeitpolster: Zeit als Geschenk und Belohnung
Im Verein Zeitpolster schenkt man seine Zeit, um zu helfen, und bekommt sie später zurück.

„Ich wollte etwas Vernünftiges anfangen mit meiner Zeit“, sagt Angelika Fuchs über ihre Motivation, sich bei Zeitpolster zu engagieren. Ähnlich geht es vielen der Freiwilligen, die den Verein für sich entdeckt haben. Die Initiative wurde im Jahr 2018 in Vorarlberg als sogenanntes Social-Business-Modell gegründet und wächst seither.

Das System dahinter: Jene, die ihre Zeit investieren, um zu helfen, bekommen kein Geld, aber eine Zeitgutschrift, die dann zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst werden kann. Jene ohne Zeitkonto bezahlen neun Euro in der Stunde. In Österreich gibt es 28 regionale Teams, nur im Burgenland und in Kärnten ist die Initiative bisher nicht aktiv. In Niederösterreich fand der Verein in Krems 2021 seinen Anfang. Im gesamten Bundesland wurden bisher rund 2.500 Stunden geleistet, es gibt 171 Helfende und 193 Betreute. In Wien gibt es ein großes Team mit 119 registrierten Helfenden.

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Herta Berger ist seit zwei Jahren bei Zeitpolster aktiv. Sie arbeitet als Vermittlerin, ist über das Handy abrufbar und versucht dann für den Klienten den richtigen Helfenden zu finden. Zusätzlich springt sie als Urlaubs- oder Krankenstandsvertretung ein und kümmert sich auch um zwei Klientinnen – eine davon ist Hedi Salmer.

Verein Zeitpolster: Zeit als Geschenk und Belohnung

Hedi Salmer (Mitte) mit Herta Berger (li.) und Angelika Fuchs.

Einmal brauchte sie etwa Hilfe beim Übersiedeln. Seither unterstützt Berger sie regelmäßig, um ihr von einem Depot in Krems Dinge, die sie benötigt, ins Pflegezentrum in Mautern zu bringen. „Es ist nicht genug Platz im Heim, dass ich da alles aufbewahren kann. Die Dinge, die jahreszeitmäßig nicht gebraucht werden, kommen dann nach Krems. Ohne Zeitpolster wäre das ganz unmöglich“, erklärt Salmer. Dabei gehe es etwa um Gewand, aber auch ihre Farben, sagt die Hobby-Malerin.

Die 86-Jährige ist das beste Beispiel dafür, dass die Aufgabengebiete des Vereins sehr unterschiedlich sind. „Zwischen Pflege und Reinigung machen wir alles“, drückt es Berger aus. So kam zu Salmer auch ein Freiwilliger, um einen neuen Monitor an ihren Computer zu schließen. Jeder habe so sein Spezialgebiet, erklärt Angelika Fuchs, die sich um mehrere demente Personen kümmert – etwa, wenn die 24-Stunden-Pflegerin eine Pause benötigt oder Familienangehörige Termine wahrnehmen. Wieder andere übernehmen lieber Kinderbetreuung.

„Bin total glücklich“

Fuchs beschreibt den Start als einen Sprung ins kalte Wasser. Salmer pflichtet ihr bei, das sei auf beiden Seiten so. Mit der ersten Klientin habe sich Fuchs sofort super verstanden. „Ich bin jetzt total glücklich, mit dem, was ich da mache. Es gibt Selbstwertgefühl zurück. Mittlerweile bin ich begeisterte Betreuerin, weil ich das Gefühl habe, es bringt mir mehr, als ich gebe.“ Sie genieße es, dass man lange den gleichen Klienten betreut. „Man bleibt bei diesen Menschen und es entwickeln sich Freundschaften.“

Zeit herzuschenken ist natürlich keine neue Idee. Eigentlich wolle man einfach die klassische Nachbarschaftshilfe in einem größeren Rahmen organisieren, erklärt Christian Kronberger vom Kremser Team. Man habe so einen größeren Pool an Menschen zur Verfügung.

Als Freiwilliger könne man sich auch melden, ohne sofort Stunden leisten zu müssen. Es sei ganz zwanglos: „Irgendwann ist dann eine Anfrage da und es passt.“ Je nach Region finden auch Stammtische statt. Wer interessiert ist, kann sich in den Zeitpolster-Büros unter www.zeitpolster.com melden oder Aktuelles unter www.facebook.com/zeitpolster verfolgen.

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