Verbotene Adelstitel in Österreich: Weitere Verfahren anhängig

Es sind nur drei Buchstaben. Doch die erhitzen seit Jahren die Gemüter. Die einen bestehen auf das "von" im Namen, der Staat Österreich verbietet es. Wie berichtet, hat nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein bemerkenswertes Urteil gefällt: Das "von" als Namensbestandteil ist Teil der Identität.
Homepage
Nicht erst seit Karl Habsburg, Enkel des letzten Kaisers, vor Gericht um sein "von" auf seiner Homepage karlvonhabsburg.at kämpfte, sind die Adelstitel wieder Thema. Auch zahlreiche Personen, die behördliche Aufforderungen zur Änderung ihres Namens bekommen hatten, schlugen den Rechtsweg ein. Vorerst ohne Erfolg. Doch das Urteil des EGMR in Straßburg in der Sache Künsberg Sarre macht ihnen Hoffnung. Denn das Gericht stellte fest, dass die heimischen Behörden lange Zeit kein Problem mit dem "von" hatten. Es gebe keine Rechtfertigung, nach mehreren Jahrzehnten durch eine Namensänderung in das Privat- und Familienleben einzugreifen.
Die Künsberg Sarres sind nicht die einzigen, die den Weg zum EGMR eingeschlagen haben. Auch Egon Ellrichshausen-Rothenburg kämpft dort um seinen Namen. Oder anders ausgedrückt: Egon Conrad Freiherr von Ellrichshausen-Rothenburg.
Ein Name mit Geschichte
"Unser Name besteht seit 1.000 Jahren", sagt der pensionierte Jurist. "Ich stamme aus einer deutschen Familie. Mein Vater war österreichischer Diplomat. Er konnte seinen Namen vollständig führen", schildert der Linzer.
Auch für Ellrichshausen-Rothenburg war das "von" ein fixer Namensbestandteil. Bis er 2019 per Bescheid dazu aufgefordert wurde, die drei Buchstaben in seinen Dokumenten streichen zu lassen.
"Für mich ist der Name Teil meiner Identität. Ich leite davon keine Privilegien ab. Mir geht es um die Tradition, der Name hat Geschichte", erklärt er. Seit Jahren beschäftigt er sich mit der Ungleichbehandlung, hat auch ein Buch darüber geschrieben. Und er gibt zu bedenken: "Ich werfe der Republik Österreich vor, 80.000 bis 100.000 Menschen um ihren Namen gebracht zu haben." So viele seien laut Schätzungen nämlich adeliger Herkunft. Es sei absurd, dass der Staat glaube, ein Name könne eine Gefahr für die öffentliche Ordnung sein.
Entscheidung im Fall des Linzers ist allerdings noch keine gefallen.
Historisch
Das Gesetz zur Abschaffung der Adelstitel stammt aus dem Jahr 1919 und ist bis heute gültig. Zuwiderhandlungen werden "mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Kronen (!) oder mit Arrest bis zu sechs Monaten bestraft".
Übrigens: Karl Habsburgs Homepage lautet noch immer karlvonhabsburg.at. Er will weiter darum kämpfen – schließlich kenne man ihn weltweit unter diesem Namen. Noch seien nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft.
"Wir sollten in Österreich das Urteil zum Anlass nehmen, Frieden mit unserer Geschichte zu machen und nicht nur von ihr leben", sagt ein Adeliger. "Ein ‚von‘ im Namen tut niemandem weh."
Kommentare