Tunnelmisere mit ICE: Noch viele offene Fragen

ICE STEHEN GEBLIEBEN: PASSAGIERE AUS ZUG IN TUNNEL VOR WIEN GEBRACHT
Warum dauerte die Evakuierung mehrere Stunden? Den 400 Passagieren, die im defekten ICE im Hadersdorfer Tunnel festsaßen, werden die Fahrkarten jedenfalls ersetzt.

Die Ereignisse am Samstagnachmittag rund um die Panne eines ICE der Deutschen Bahn mitten im Tunnel vor Wien werden die ÖBB wohl noch länger beschäftigen. Die rund fünfstündige Evakuierung sowie chaotische Zwischenfälle erfordern eine akribische Aufarbeitung. Ob das Verkehrsministerium eine Untersuchung einleitet, war vorerst aber noch unklar. Erst vor wenigen Tagen wurde vom Mobilitätsressort ein Bericht zu einem schweren Unfall mit Millionenschaden und drei Verletzten veröffentlicht, wonach es Sicherheitsbedenken gibt, weil ÖBB-Einsatzleiter teilweise intern bestimmt werden und sich nicht freiwillig melden.

Wie berichtet, war der ICE 90 „Donauwalzer“ auf dem Weg nach Hamburg im Tunnelknoten Hadersdorf stehen geblieben, weil der Stromabnehmer auf der Lok nicht mehr funktionierte. Nach rund eineinhalb Stunden war der Notstrom zu Ende und die Fahrgäste saßen bei geschlossenen Türen ohne Klimatisierung in finsteren, druckdichten Waggons im Tunnel fest. Es soll nicht einmal mehr Strom für Durchsagen gegeben haben.

Warum sich die Rettungsaktion fünf Stunden dahinzog, wirft viele Fragen auf. „Wir werden das Ereignis evaluieren und unsere Schlüsse daraus ziehen“, versichert ÖBB-Sprecher Klaus Baumgartner. Kritik, dass der Ersatzzug zu lange für die Anfahrt brauchte, wird dementiert. Er war nach eineinhalb Stunden vor Ort, heißt es seitens der ÖBB.   

Fußgänger im Tunnel

Etliche Passagiere hatten nach der Tortur die Nerven verloren und trotz ausdrücklicher Untersagung den Zug verlassen, um zu Fuß durch den finsteren Tunnel zu irren. Aufgrund der Starkstromnetze auf den Bahnanlagen waren sie in Lebensgefahr. Die ÖBB musste deshalb die Stromnetze abgeschaltet lassen, was die Abfahrt des Ersatz–ICE, der auch als Schleppzug dienen sollte, verhinderte. Der Tunnel musste durchsucht werden, ehe der Strom wieder eingeschaltet werden konnte. Die Passagiere wurden dann über die nicht weit entfernten Notausstiege von Feuerwehr- und Rettungsleuten gerettet. „Um 18.30 Uhr sind die letzten Fahrgäste beim Sammelpunkt außerhalb des Tunnels eingelangt“, so Baumgartner.

Grundsätzlich will man sich gegenüber den 400 Fahrgästen kulant zeigen. „Wir möchten uns für die Geduld bedanken und mitteilen, dass mindestens die Kosten des Zugtickets zu 100 Prozent erstattet werden“, sagt Baumgartner. Die Panne ereignete sich zwar mit einem ICE der Deutschen Bahn, doch sind die ÖBB auf der Strecke in Österreich Betreiber. Rein rechtlich stünde den Betroffenen nur ein 50-prozentiger Kostenersatz zu. Am Abend gaben die ÖBB auch Hotel-Gutscheine an die Passagiere aus.

Der kaputte ICE wurde letztlich um ein Uhr nachts nach Wien-Matzleinsdorf geschleppt. Dort wird er nun näher untersucht. „Bisher sind die deutschen ICE als sehr verlässlich aufgefallen. Es gab keine Vorfälle“, so Baumgartner. Kritik, dass im Zug zu wenig geschultes Personal für eine Evakuierung anwesend war, weist Baumgartner zurück. Es seien mehrere Zugbegleiter an Bord gewesen.

Kommentare