Die Tiroler Lust zum Experiment an der Wahlurne

Die Tiroler Lust zum Experiment an der Wahlurne
Die Tiroler Wähler gelten als sehr mobil. Und sie sind durchaus experimentierfreudig, wie frühere Wahlen gezeigt haben.

Tirol gilt als schwarze Hochburg. Und tatsächlich ist die Dominanz der Volkspartei seit 1945 ungebrochen. Selbst beim bislang historisch schlechtesten Wahlergebnis 2013 reichte es für 39,3 Prozent. Zuvor hatte VP-Landeshauptmann Günther Platter vor "italienischen Verhältnissen" gewarnt.

Elf Listen waren angetreten. Das Team Stronach kam immerhin noch auf 3,4 Prozent, obwohl sich dessen Protagonisten im Wahlkampf ins Chaos gestürzt hatten. Der Tiroler Transit-Rebell Fritz Gurgiser scheiterte knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Trotzdem saßen am Ende erstmals sechs Parteien im Tiroler Landtag.

Aus der ÖVP gegen die ÖVP

Zu ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und Liste Fritz (zu der später mehr) hatte es "Vorwärts Tirol" mit 5,4 Prozent auf Anhieb ins Landesparlament geschafft - und blieb damit noch unter den Erwartungen. Unter anderem von der Ex-ÖVP-Landesrätin Anna Hosp, die Platter aufs Abstellgleis gestellt hatte, gegründet, erging sich die Partei schnell in Grabenkämpfen.

Nach einer Legislaturperiode war die Sternschnuppe wieder verglüht. Gestartet war die ÖVP-Abspaltung mit keinen geringeren Zielen, als den Landeshauptmann zu stürzen.

Ein historischer Wahlerfolg

Das war 2008 auch die Ambition der Liste Fritz. Vom schwarzen AK-Präsidenten Fritz Dinkhauser aus der Taufe gehoben, kostete dessen Erfolg aber tatsächlich den Landeshauptmann sein Amt. Der hieß damals Herwig van Staa. Nachdem er 2003 noch mit 49,9 Prozent für die Volkspartei die Mandatsabsolute zurückerobert hatte, ging es fünf Jahre später auf 40,5 Prozent runter.

Van Staa musste gehen, ein gewisser Günther Platter übernahm. Und stürzte dann selbst in seinem ersten Landtagswahlkampf noch weiter ab (siehe oben).

Fritz Dinkhauser konnte zwar mit Platz zwei und einem Ergebnis von 18,3 Prozent beim ersten Antreten einen österreichweit einzigartigen Erfolg einfahren. Er hat zudem das Modell der Protestpartei aus dem Nichts in Österreich salonfähig gemacht. Die ÖVP ließ die Liste Fritz allerdings auf der Oppositionsbank versauern. Dort sitzt sie bis heute.

Ein bunter Landtag

Dass die Partei es überlebt hat, zwei Legislaturperioden (2013 bis jetzt) nur mit zwei Abgeordneten im Landtag zu sitzen, könnte sich an diesem Sonntag für sie bezahlt machen. Zugewinne sind möglich. Das Ziel ist das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte der Liste Fritz.

Den Platz von Vorwärts als sechste Partei im Landtag haben 2018 die Neos eingenommen. Die große Listenvielfalt in Tirol zeigt, dass das Bundesland ein guter Boden für Experimente ist.

Hier wurde 2013 auch erstmals eine schwarz-grüne Landeskoalition abseits eines Proporzsystems gebildet. Nach dem heutigen Wahlsonntag könnte die Farbpalette auf Regierungsebene wieder völlig neu gemischt werden.

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