Ausstellung zu Landhaus-Geschichte: Politik unter NS-Symbolen

Gauleiter Franz Hofer überwachte den Bau der Erweiterung des Landhauses zum Gauhaus
Das Tiroler Landhaus wurde als Gauhaus unter den Nazis errichtet. Die Spuren der Gewaltherrschaft sind ihm bis heute eingeschrieben

Vor nicht allzulanger Zeit hielt die Tiroler Landesregierung ihre Sitzungen noch in einem rustikalen Zimmer im ersten Stock des „Neuen Landhauses“ ab. Und wer genau hinsieht, kann schnell erahnen, in welcher Zeit dieser Raum entstanden ist.

In einem der reich verzierten Holzdeckenbalken wurden eingeschnitzte Hakenkreuze nach der Befreiung von Österreich mit dem Stemmeisen zum einfachen X umgemodelt. Andere eindeutige Symbole der Täterherrschaft der Nazis – vom Parteiadler bis zu Runen – blieben hier im ehemaligen Arbeitszimmer von Gauleiter Franz Hofer unangetastet.

Über die Vorgeschichte des in seinem Auftrag errichten Gebäudes wurde der Mantel des Schweigens gebreitet.

Nur mit Druck

Ihr widmet sich nun eine Ausstellung (ab 5. Oktober), die in Hofers Büro, einem benachbarten Sitzungssaal und einem dazwischen liegenden Raum vor Augen führt, dass hier einst die Täter die Fäden zogen. „Jetzt gehen wir es an. Es ist ein starker Schritt“, meinte Landeshauptmann Anton Mattle am Dienstag bei der Präsentation.

Es hat freilich fast acht Jahrzehnte und noch einmal ordentlich Druck gebraucht, damit die Tiroler Politik in die Gänge kam.

Ausstellung zu Landhaus-Geschichte: Politik unter NS-Symbolen

Hakenkreuze in einem Deckenbalken des "Gauleiterzimmers" wurden nach dem Weltkrieg nur kaschiert

2019 wurde die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Gebäudes in Auftrag gegeben. Der 2021 daraus resultierende Forschungsbericht „Vom Gauhaus zum Landhaus“ bildet die Grundlage für die Aufstellung. Ein künstlerischer Wettbewerb für ein sichtbares Erinnerungszeichen versank indes im Chaos, als die Landespolitik die Umsetzung verweigerte.

„Wir haften für unsere Geschichte“ hätte nach dem Entwurf des von einer Fachjury ausgewählten Entwurfs von Franz Wassermann auf der Fassade das einstigen Gauhauses, 1938 bis 1941 als Erweiterung des historischen Landhauses errichtet, stehen sollen.

Ausstellung zu Landhaus-Geschichte: Politik unter NS-Symbolen

Die NS-Ästhetik ist dem ehemaligen Gauhaus anzusehen

Hilde Strobl und Christian Mathies, Autoren des Forschungsberichts, haben die Ausstellung kuratiert. Und wollen diese nicht als Ersatz für eine künstlerische Intervention verstanden wissen, die sie nach wie vor befürworten. „Man kann gar nicht dagegen sein“, so Strobl.

"Unter den Teppich gekehrt"

Der Landeshauptmann wollte nicht noch einmal in diese Debatte einsteigen, die vor einem Jahr heiß geführt wurde. „Wir haben einen vermittelnden Ansatz gewählt“, so Mattle.

Günter Lieder, Präsident der Israelitschen Gemeinde für Tirol und Vorarlberg, zeigte sich bei der Präsentation mit diesem Ansatz zufrieden. Früher habe ihn aber ihm Gebäude das Gefühl beschlichen, „dass Dinge unter den Teppich gekehrt werden“.

Verbrechenszentrale

Der vorgelagerte Landhausplatz ist wiederum mit Pogrom- und Befreiungsdenkmal „Zentrum der Tiroler Gedächtniskultur“, so der am Projekt beteiligte Historiker Horst Schreiber. Man befinde sichaber eben auch „im Zentrum des Verbrechens.“

Dieser Aspekt wird nun in den Vordergrund gerückt, die bis 4. Mai 2024 laufende Ausstellung selbst von einer Reihe von Veranstaltungen begleitet. Und danach? Der über zwei Stockwerke reichende NS-Sitzungssaal werde „in das Arbeitsleben des Landhauses übergehen“, so Mattle. Das Gauleiterzimmer und der Nachbarraum sollen aber weiter zugänglich bleiben.

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