Tier-Exoten: Gekauft und ausgesetzt
Der Einsatz-Code "Bergen von Kleintieren" heißt für die Feuerwehr zumeist, eine Katze von einem Baum zu befreien. Am Sonntag aber wollte in Wien ein seltenerer Vierbeiner hoch hinaus: Ein Leguan kletterte im 15. Stock aus dem Fenster und harrte wie angeklebt auf der Fassade aus. Von dort fiel er in ein Fangnetz eines Feuerwehrmannes, der das Tier der wartenden Besitzerin übergab.
So zuverlässig sind Halter von Exoten nicht immer. Evelyn Kolar erhielt kürzlich einen abgestellten Karton, darin schlummerte eine Boa-Constrictor, am Deckel stand: "Ich bin eine Boa, suche einen Platz und habe Hunger."
Kolar betreut die Pflegestation für Wildtiere im Haus des Meeres, die von der zoologischen Gesellschaft "Blauer Kreis" betrieben wird. "Früher bekamen wir die Tiere vom Zoll. Heute sind es abgegebene und ausgesetzte."
"Finger" ist einer von ihnen. Der prächtige grüne Leguan, der aus einem Terrarium lugt, war auf einem Feld in Baden unterwegs, als ihn jemand einfing. Den Namen gab sich der Leguan quasi selbst, weil er Kolar bei einer missglückten Fangaktion ein Fingerglied abbiss. "Mein Fehler", schmunzelt sie. 60 ausgesetzte Tiere leben hier. Geckos, Schlangen, Vogelspinnen, Leguane, Schildkröten und viele andere Arten. "Wir sind derzeit voll", berichtet Kolar.
In Österreich ist nicht statistisch erfasst, wie viele Wildtiere in Haushalten leben. Der Meldepflicht (für Tiere mit besonderen Ansprüchen, §25 TschG) bei der Bezirksverwaltungsbehörde kommen nur wenige nach. In Wien sind 960 Tierhaltungen registriert, wobei ein Registrierter mehrere Exemplare besitzen kann. "Die Mehrheit ist nicht angemeldet", erklärt eine Amtstierärztin. Das macht die stichprobenartigen Kontrollen in der Mehrheit der Fälle obsolet.
Wenig Plätze und Geld
Kolar hat mit Problemen wie jedes Tierheim zu kämpfen, allerdings unter verschärften Bedingungen. Exotische Tiere sind besonders schwer zu vermitteln. "Es gibt Liebhaber, die viel von den Tieren verstehen", sagt sie. Aber deren Kapazitäten sind beschränkt. Viele kommen gleich ein Stockwerk unter- oder oberhalb im Haus des Meeres unter. Außerdem ist das Geld rar. Subventionen erhält der Verein von der Stadt Wien nicht. Und die Spenden-Bereitschaft für sie "geht gegen null".
Das liegt auch am Image, das den Tieren anhaftet. "Schon die Bezeichnung ,exotische Tiere‘ ist falsch", erklärt Mitarbeiterin Judith Kastenmeier. Exotisch sei dann auch ein Goldhamster, der aus Syrien stamme. Allerdings seien viele davon keine Kuscheltiere. Leguan "Mistelbach", der nach seinem Fundort benannt ist und auf ihrer Schulter verweilt, ist eine Ausnahme: "Ich habe zu ihm eine Beziehung wie zu einem Hund."
Kolar und Kastenmeier warten nun ab, wie sich der Plan der Tierschutzkommission auswirken wird. Das Beratungsgremium des Gesundheitsministeriums will den Verkauf von Wildtieren auf Börsen laut einem Arbeitspapier verbieten. "Dazu gibt es einen Konsens im Gremium", erklärt Ministeriumssprecherin Lisa Fuchs. Sie nennt zwei Gründe: Die teils nicht artgerechte Haltung vor Ort und die erhöhte Gefahr von Spontankäufen auf solchen Messen.
Kolar sieht jede Verbotspolitik skeptisch. "Die Nachfrage bleibt bestehen." Käufer würden in Graubereiche, ins Ausland oder auf Online-Plattformen ausweichen. Sie glaubt, dass es an Aufklärung fehle: "Jeder sollte sich überlegen, ob er so ein Tier langfristig halten kann."
Der Kauf eines Wildtieres sollte gut überlegt sein. Anbei eine Auflistung von Tipps, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
Im ersten Schritt sollte sich ein Interessierter über das Tier, die Haltungsbedingungen und gesetzlichen Bestimmungen umfangreich informieren. Neben Literatur gibt es dazu Ansprechpartner am Veterinäramt, bei Tierärzten oder Vereinen.
Zu beachten ist, dass Reptilien sehr alt und groß werden können. Rotwangenschildkröten sind beim Kauf so groß wie eine Zwei-Euro-Münze, wachsen rasant und machen eine regelmäßige Reinigung des Aquariums nötig. Eine Boa kann durchaus bis zu drei Meter lang werden. Wer sich so ein Tier zulegt, muss das beim Kauf eines Terrariums bedenken.
Die Fütterung stellt Halter mehrfach vor Herausforderungen. Teilweise handelt es sich um Lebendfütterungen. Eine Frage kommt regelmäßig auf: Wer kann das Tier im Falle eines Urlaubs versorgen?
Einige Tiere sind in der Anschaffung sehr günstig. Bartagamen kosten zwar nur ein paar Euro, die nötige Ausrüstung, allen voran ein Terrarium, verschlingt aber mehrere hundert Euro. Dazu kommen laufende Kosten für die Fütterung, den Strom, die Lampen.
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