Ein letztes Mal an andere denken

Ein letztes Mal an andere denken
2014 gab es 50 Millionen Euro an Testamentspenden / Ilse und Ernst Haberleitner bedenken das Rote Kreuz.

Ihr erstes Testament setzten Ilse und Ernst Haberleitner in den 1970er-Jahren auf. Damals waren sie Mitte 20 und frisch verheiratet. Es waren nur ein paar Sätze auf Papier festgehalten und sicher in einer Schublade verstaut. Im Falle, dass ihnen etwas zustoßen würde, sollten ihre Eltern ihren Besitz erben.

Heute sind beide in Pension und haben ein neues Testament gemacht. Eines, das bei einem Notar verwahrt wird und in dem die beiden das Rote Kreuz als ihren Erben eingesetzt haben. Ilse und Peter Haberleitner sind zwei von statistisch 50 Personen, die dem Wiener Roten Kreuz ein derartiges Testament vermachen.

Ein letztes Mal an andere denken
Während Testamentspenden im angloamerikanischen Raum eine lange Tradition haben, ist diese Form des Spendens in Österreich noch recht unüblich. Viele Menschen sahen lange Zeit keine Notwendigkeit dafür. Wir haben doch einen starken Sozialstaat, lautete oft die Argumentation. Diese Einstellung ändert sich langsam. Vergangenes Jahr haben Österreicher gemeinnützige Organisationen mit mehr als 50 Millionen Euro unterstützt. Damit stammt jeder zehnte österreichische Spendeneuro aus einer Testamentspende. Diese Zahl geht aus einer aktuellen Erhebung des "Fundraising Verbands Austria" hervor. Mit der Initiative "vergissmeinnicht.at" klärt der Verband seit vier Jahren über gemeinnützige Nachlasse auf.

Sicherheitsbewusst

"Es ist gut zu wissen, dass mit dem Geld etwas G’scheites passiert", sagt Ernst Haberleitner. "Außerdem waren wir immer schon sicherheitsbewusste Menschen." Das zeigt sich auch in der Berufswahl der beiden: Ernst Haberleitner war bei der Polizei tätig, seine Ehefrau bei der Bank. Einen Kredit haben sie in ihrem Leben nur ein Mal aufgenommen. Und gespendet haben die beiden schon immer. An das Rote Kreuz, den Samariterbund, die SOS-Kinderdörfer oder das St. Anna Kinderspital. Warum? "Da gibt es nichts zu überlegen. Das gehört einfach dazu", findet Ilse Haberleitner.

Ob ihre Freunde ein ähnliches Testament aufgesetzt haben, wissen sie nicht. "Wir sprechen das Thema zwar immer wieder an – aber die Leute weichen oft aus." Sie wechseln das Thema oder verweisen auf ihre Kinder.

Die Haberleitners haben keine Kinder , die sich nach ihrem Ableben um die Wohnung und das Vermögen kümmern könnten. Ihre Freunde wollen sie mit der Wohnungsauflösung auch nicht belasten. "Das Rote Kreuz kümmert sich um alles", sagt Ilse Haberleitner. Vom Begräbnis bis zu den übrig bleibenden Möbeln. "Und vielleicht gibt es dann gerade eine Familie in Not, die einen Esstisch oder einen Kasten gut gebrauchen kann."

Vergissmeinnicht

Seit vier Jahren informiert die Initiative Vergissmeinnicht.at jene Menschen, die Teile ihres Erbes einer gemeinnützigen Organisation zugute kommen lassen wollen. 60 Organisationen (vom Samariterbund über den WWF bis zur Nationalbibliothek) beteiligen sich an der Initiative. Info: www.vergissmeinnicht.at

Vermachen oder Vererben?

Wenn man einer Organisation eine bestimmte Sache oder einen Geldbetrag zuwenden will, so vermacht man ein Legat. Wenn der Verein eine bestimmte Quote des gesamten Vermögens erhalten soll, so setzt man ihn zum Erben ein. Der Erbe haftet auch für Schulden und Kosten; der Legatar nicht.

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