Tempo 140 "Gefahr für Klimaziele"
Etwas mehr als drei Wochen nach der Amtsübergabe übt Ex-Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) bereits heftige Kritik an seinem Nachfolger Norbert Hofer (FPÖ). Die angepeilte Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf das Tempo 140 sei "eine Gefahr für die Klimapolitik", poltert der nunmehrige einfache SP-Abgeordnete im Gespräch mit dem KURIER.
Grund ist eine Analyse der renommierten TU Graz. Deren Experten haben berechnet, was die Auswirkungen wären, wenn das Limit auf allen Abschnitten mit 130 km/h auf 140 erhöht werden würde. Dabei wurde extra berücksichtigt, dass nur Pkw und Motorräder schneller fahren würden.
Dabei sind die zu erwartenden Emissionswerte wohl weitaus höher, als von den meisten Autofahrern gedacht: Bei den Stickoxiden, die für den Abbau von Ozon verantwortlich sind, würde es ein Plus von satten 21 Prozent geben. Der krebserregende Feinstaub (PM10) würde um ein Fünftel steigen und beim gesundheitsgefährdenden Kohlendioxid würde es ebenfalls eine Zunahme – um 12 Prozent – geben.
Leichtfried sieht damit sogar die Klimaziele in Gefahr und wundert sich, warum Umweltministerin Elisabeth Köstinger in einem Standard-Interview meinte: "Da halten sich die Schadstoffemissionen in Grenzen. Wirklich CO2-aufwendiger wird es ab 150 km/h, und das haben wir ja nicht gemacht." Der Ex-Verkehrsminister meint dazu: "Entweder weiß sie es nicht oder es ist ihr gleichgültig." Und alles für eine Zeitersparnis von "sechs Minuten von Wien nach Graz".
Im Büro von Verkehrsminister Norbert Hofer steht man auf der Bremse. Eine flächendeckende Freigabe sei ohnehin nicht angedacht, präzisiert ein Ministersprecher: "140 km/h könnte es nur bei Strecken geben, wo Telematikanlagen (mit Wechselverkehrszeichen, Anm.) vorhanden sind." Dort würde das Tempolimit kurzzeitig entsprechend freigegeben werden, wenn es nicht regnet und es gute Sicht gibt. Laut dem Sprecher ist ungefähr ein Drittel der Autobahnen so ausgebaut.
Das Problem dabei ist allerdings: Die Telematikanlagen sind vor allem im Bereich der Städte gebaut, um den Verkehrsstrom zu verflüssigen. "Auf der Südost-Tangente wird natürlich nicht mit 140 gefahren", heißt es aus dem Hofer-Büro. Nun werde jedenfalls eine Teststrecke gesucht.
Drogen im Visier
Das nächste große Thema aber wird für den aktuellen Verkehrsminister ohnehin Drogen am Steuer werden, wogegen die FPÖ bereits seit Jahrzehnten trommelt. Tatsächlich liegt hier einiges im Argen – knapp 2500 Drogenlenker wurden im Vorjahr erwischt. Das sind zwar weitaus weniger als Promillefahrer (rund 25.000), aber die Dunkelziffer dürfte enorm hoch sein. Im ähnlich bevölkerungsreichen Bayern, wo laut bayerischem Innenministerium sogar jeder verdächtige Lenker zu einem Bluttest gebracht werden muss, werden aktuell mehr als 11.000 Drogenlenker erwischt. In Österreich, wo eine ärztlich Begutachtung reicht, ist es also nur ein Fünftel. Dabei ist wohl kaum davon auszugehen, dass in Bayern so viel häufiger Drogen konsumiert werden.
Die heimische Exekutive ist bei der Verfolgung eigentlich nur in Wien und in einigen oö. Städten fleißig. Hier werden fast zwei Drittel der suchtgiftbeeinträchtigen Lenker in Österreich erwischt. Außer in Niederösterreich könnte die Zahl der erwischten Drogen-Fahrer und in den anderen sechs Bundesländern sogar im zweistelligen Bereich bleiben. Die Polizei hat zwar im Vorjahr neue Vortestgeräte bekommen, diese werden hinter vorgehaltener Hand von Beamten aber als nicht so zuverlässig bezeichnet.
Verkehrsminister Hofer möchte dies laut seinem Sprecher zu einem Hauptthema machen. Das wird jedenfalls ein großer Brocken, an dem schon viele Verkehrsminister in den vergangenen Jahren gescheitert sind. Das Problem ist, dass Grenzwerte (wie beim Alkohol die Promille) äußerst umstritten sind. Außerdem sind die Tests großteils nicht ausgereift. Man darf gespannt sein, ob Hofer hier einen Ausweg aus diesem Dilemma findet.
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