Streit ums Erbe von Schauspielerin Senta Wengraf

Ein kleiner Hund liegt auf einem grauen Sofa, umgeben von verschiedenen Objekten auf Tischen.
Kurz vor ihrem Tod adoptierte sie einen Theateragenten. Ob sie zu dem Zeitpunkt noch dazu in der Lage war, bezweifeln Verwandte.

An der Seite von Romy Schneider spielte Senta Wengraf in den Sissi-Filmen. 20 Jahre lang war die Wienerin Ensemblemitglied am Theater in der Josefstadt. Mit Kanzler Bruno Kreisky hatte sie ein Verhältnis. Opernführer Marcel Prawy nannte sie ihren Lebensmenschen. Im Dezember 2020 starb Wengraf im Alter von 96 Jahren in Wien.

Keine leiblichen Kinder

Die Schauspielerin war kinderlos geblieben. Schon im Jahr 2016 setzte sie ein handschriftliches Testament auf und machte darin einen Theateragenten zum Alleinerben. Diesen adoptierte die Schauspielerin dann auch noch wenige Monate vor ihrem Tod. Doch ob die Künstlerin zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch wusste, was sie tat, ist nun Inhalt eines Erbschaftsstreits.

Wengrafs Verwandtschaft wusste von all dem nichts – bis zum Zeitpunkt der Beerdigung. „Ich hatte kein enges Verhältnis zu meiner Tante“, sagt Michael Wengraf, Sohn des Halbbruders von Wengraf. „Sehr wohl aber ein anderer Neffe, der regelmäßig mit ihr telefoniert hat. Und nie war von diesem Herrn die Rede.“ Von der Adoption habe man überhaupt erst im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens erfahren. „Ich bin aus allen Wolken gefallen“, beschreibt der Neffe. „Wir sind alle davon ausgegangen, dass meine Tante ihren Nachlass für in Not geratene Berufskollegen widmet. Dafür hat sie auch davor immer wieder gespendet.“

Die Familie hegt massive Zweifel. Denn das Testament sei ein Monat nach einem Schlaganfall der Tante erstellt worden. Und zum Zeitpunkt der Adoption sei sie dement gewesen.

Medizinische Unterlagen

Wengraf stützt sich dabei auf medizinische Unterlagen. Zum einen auf ein Schreiben der Hausärztin vom 4. Mai 2020, in dem diese um Erhöhung der Pflegestufe ersucht. Zitat: „Die Demenz hat sich ebenso drastisch verschlechtert.“ Zum anderen liegt dem Neffen eine Unterlage eines Krankenhauses vor (19. November 2020), auf der handschriftlich festgehalten wird: „Pat. total dement, sie kann auf keinen Fall unterschr.“

„Aber das Bezirksgericht hat das nicht berücksichtigt“, ist Wengrafs Neffe empört. „Das ist haarsträubend. Uns bleibt nur noch eine Erbschaftsklage.“

Der Theateragent weist die Beschuldigungen klar von sich. Als ihn der KURIER kontaktiert, besteht er allerdings darauf, nicht zitiert zu werden. Auch sein Name soll nicht genannt werden. Doch er bestätigt die Schilderungen seines Rechtsanwalts Michael-Paul Parusel.

Bezugsperson

„Er kannte Wengraf schon seit mehr als 20 Jahren und hat sich seither um sie gekümmert. Die Familie war nie da“, schildert der Rechtsanwalt, der ursprünglich auch der Rechtsbeistand von Senta Wengraf war. Der Theateragent sei die einzige Bezugsperson von Wengraf gewesen. Entsprechend habe die betagte Frau 2016 auch das Testament in seinem Sinne formuliert. „Auch der Wunsch für eine Erwachsenen-Adoption kam von der Schauspielerin.“

Ein Mann mit Brille steht vor einem Regal mit blauen Ordnern.

Rechtsanwalt Michael-Paul Parusel vertritt den Erben

Wengraf sei zuletzt zwar altersbedingt gebrechlich, geistig aber bis zum Schluss topfit gewesen. „Schauen Sie“, sagt Anwalt Parusel und zückt sein Handy, um Bilder von Wengraf mit Schauspiel-Kollegen oder bei Theaterbesuchen zu zeigen. „Schaut so jemand aus, der dement war?“

Aussagen von Weggefährten und Wengrafs Pflegerin seien auch vor Gericht berücksichtigt worden. Genauso wie das Gutachten einer Neurologin. „Da gibt es nichts Krummes“, sagt Parusel.

Um welche Summen es bei Wengrafs Erbe geht, will man nicht verraten. Michael Wengraf schätzt, dass es um rund eine Million Euro gehen könnte. Ein Teil der Verlassenschaft wurde im Jahr 2022 über das Auktionshaus Aurena versteigert. Unter den 600 Positionen war unter anderem Schmuck, eine Reisetasche von Bruno Kreisky und sehr viel Keramik.

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