"Steuerrebell" narrt Fiskus

"Steuerrebell" narrt Fiskus
Die Finanz will die einst einbehaltenen Steuermillionen von Werner Rydl im Atlantik bergen. Ob es sie noch gibt, ist ungewiss.

Die eMail kommt von der Finanz und unterbreitet dem Adressaten sinngemäß folgendes Angebot: Wir können Ihr Geld aus Brasilien abholen, damit Sie Ihre Steuerschulden bezahlen können.

Warum nicht, würde sich der geneigte Steuerzahler fragen. Vielleicht, weil der Steuerschuldner Werner Rydl heißt, sich "Steuer­rebell" nennt und seit Jahren Justiz, Finanz und die Öffentlichkeit narrt.

Rydl prellte 21 Jahre lang mit Vorsteuer-Betrügereien die Republik (siehe Zusatzbericht) . Er erzählt davon, als ob es eine Referenz in seinem Lebenslauf wäre: Mit 186 Firmen habe er mindestens 116 Millionen Euro Steuern einbehalten. Da klingt es fast wie eine Provokation, wenn er sagt: "Ich hab’ nie viel Geld gebraucht."

Mitte der 90er setzte sich Rydl nach Brasilien ab. Sein Hang für peinlich-deka­dente Aktionen bescherte ihm eine enorme Öffentlichkeit: Im Jahr 2002 verbrannte er laut eigenen Angaben 176 Millionen Schilling – "die Einnahmen aus drei Wochen" – auf einem brasilianischen Strand und ver­öffentlichte das Video.

Sozialhilfe

"Steuerrebell" narrt Fiskus

Der 55-Jährige saß viereinhalb Jahre in seiner neuen Heimat in Auslieferungshaft, bis er 2009 ausgebürgert und nach Österreich überstellt wurde. Es folgten ein Prozess, eine Verurteilung, ein kurzer Gefängnisaufenthalt. Heute ist der Badener laut Eigendefinition der reichste Sozialhilfeempfänger Österreichs. Wöchentliches Budget: 160 Euro. Sonstiges Vermögen laut Antrag: "fünf Milliarden Euro".

Rydl lebt vom Staat und schuldet ihm ein Vermögen. Das Finanzamt Baden stellte jüngst 11,6 Millionen Euro fällig. Der 55-Jährige tischte die Geschichte vom gebunkerten Vermögen auf, die schon Staatsanwälte und Richter zu hören bekommen hatten. "Ich würde das mit einem Handkuss gerne bezahlen." Er sei jedoch staatenlos. Ein Fremdenpass wurde ihm nicht bewilligt. "Ich komme nicht an das Geld ran."

Eigentlich hält Rydls Erzählung nicht einmal einer oberflächlichen Befragung stand. "Ich habe das Geld versenkt. 68 Tonnen, in 40 Metern Tiefe", erzählt er. Wo? "Neben der Welle sieben", antwortet er mit einem Augenzwinkern. Wie? "In einer Folie, mit Gewichten beschwert." Aha. Eine Folie als Schutz vor dem Salzwasser?

Kuhhandel

Solche Fragen hat sich die Finanzbehörde Baden (noch) nicht gestellt. Vor zwei Wochen schickte sie eine eMail an Rydl. Man könne ihm in Absprache mit dem zuständigen Abteilungsleiter im Finanzministerium anbieten, "dass Bedienstete des Bundeskriminalamtes das Geld im Ausland abholen. Dafür wäre es allerdings erforderlich, dass von Ihnen eine entsprechende Vollmacht erteilt wird." Geplant ist laut eMail ein Kuhhandel. Sobald die Rückstände beglichen seien, werde sich der Ab­teilungsleiter "persönlich" mit dem Innenministerium "in Verbindung setzen, damit Sie einen Fremdenpass bekommen".

Adressat Rydl stellte volle Kooperation in Aussicht ("... zwischenzeitig" habe er "einen Bunkerort erschlossen".)

Seitdem herrscht Funk­stille. Der genannte Abteilungsleiter will dazu nichts sagen. Im Finanzministerium will man zum Fall nichts sagen, nur: Die eMail sei unglücklich formuliert. Man sei davon ausgegangen, dass das Geld auf einem Konto und nicht im Atlantik liege.

Der 55-Jährige ist derzeit staatenlos und "keine Mi­nute freiwillig hier". Ein Fremdenpass gegen die Begleichung von Steuerschulden – geht das? Der Badener Bezirkshauptmann Heinz Zimper sagt: "Ja. Seine Zahlung würde dem Inter­esse der Republik Österreich entsprechen."

Genau das wollte Rydl nie.

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