Grillen mit dem Russen-Spion: Ermittlungen gegen Florian Stermann

Grillen mit dem Russen-Spion: Ermittlungen gegen Florian Stermann
Der Ex-ORFG-Mann wurde in dem möglichen Spionagenetz um Egisto Ott nicht nur als Zeuge, sondern als zentrale Figur geführt. Warum die Staatsanwaltschaft dennoch eine Hausdurchsuchung bei ihm verweigerte.

Florian Stermann ist ein fotogener Mann. Einer, der weiß, wie man sich auf Bildern inszeniert. Besonders gern tut er dies, indem er den linken Daumen nach oben streckt.

So zu sehen etwa auf einem Foto vom 9. September 2017. Es zeigt eine Grillfeier in Österreich. Stermann umarmt von hinten eine Frau in einem Sweatshirt und einen Mann mit Schirmkappe. Auf der Seite des Mannes streckt er den Daumen nach oben. Alles top.

Dieses Foto wird Stermann um 15:53 Uhr an den Ex-FPÖ-Klubmann Johann Gudenus schicken. Darunter schreibt er: "FSB russische Botschaft und meine hübsche Frau." Gudenus anwortet: "Net schlecht. Danke. Lg an alle."

Der FSB, der russische Inlandsgeheimdienst, ist seit der Verhaftung des Ex-Verfassungsschützers Egisto Ott am Karfreitag in aller Munde. Ott und sein Ex-Chef Martin Weiss sollen auf Anweisungen von Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek für den FSB österreichische Staatsgeheimnisse ausspioniert und an Russland verkauft haben. Alle drei stehen im Verdacht, Kreml-Agenten zu sein.

Österreichisch-Russische-Freundesgesellschaft

Florian Stermanns Rolle in diesem Netz war bisher undurchsichtig. Stermann war einst Generalsekretär der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG). Bestens vernetzt in der heimischen Politik und Wirtschaft - und nach Russland. 

Zwischen 2017 und 2019 diente er, laut eigenen Aussagen, aber auch als Kommunikationsdrehscheibe zwischen Marsalek und Ex-FPÖ-Klubmann Gudenus.

Erst vor einer Woche berichteten Standard, Profil und ORF Radio über eine Zeugeneinvernahme Stermanns aus dem Jahr 2020, die tief blicken lässt. Kernpunkt war, wie Marsalek - damals noch aktiv bei Wirecard und nicht auf der Flucht, aber wohl bereits angeworben als Handlager der Russen - über Stermann den Politiker steuerte.

Ermittlungen gegen Stermann

Doch war Stermann wirklich nur Drehscheibe? Nur ein Zeuge? 

Offenbar nicht, das zeigen Ermittlungsakten aus dem Jahr 2022, die dem KURIER vorliegen. 

Darin wird Stermann zwischen 2016 bis zumindest 2020 eine "zentrale Rolle" im möglichen Spionagenetz von Ott-Weiss-Marsalek zugeordnet. Das Bundeskriminalamt hat auch gegen Stermann ermittelt.

Es wurde ihm vorgeworfen, den russischen Geheimdienst unterstützt zu haben, "indem er Einfluss auf hochrangige österreichische Politiker nahm". Ein Türöffner für Russland in die heimische Politik sozusagen. Wohl ein sogenannter Einflussagent.

Deswegen sollte es auch zu Hausdurchsuchungen in Stermanns Privatwohnung und in den Räumlichkeiten der ORFG kommen. Die Ermittler erhofften sich weitere Beweise.

Lesen Sie im Folgenden:

  • Wie der 59-Jährige den Russen zugearbeitet haben soll
  • Was all dies mit einem Giftgas-Anschlag der Truppen Assads 2018 zu tun hat
  • Und warum die Staatsanwaltschaft Wien diese Ermittlungen nicht als Spionage, sondern als Lobbying wertete

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