Bundespolizeidirektor Takacs: "Das ist es, was die Bevölkerung in Österreich will"

Sechs Bundesländer – null neue Polizeischüler: Die Streichung von Grundausbildungskursen sorgt bundesweit für Kritik. Gewerkschafter sprechen von einem Schlag für die Polizeipräsenz, Bewerber fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Bundespolizeidirektor Michael Takács verteidigt den Schritt – und erklärt, dass man mancherorts sogar überbesetzt sei.
KURIER: Wie erklären Sie einem 19-jährigen Bewerber, dass seine Ausbildung gestrichen wurde, obwohl seine Bewerbung gut war?
Michael Takács: Man besteht das Auswahlverfahren oder nicht. Darüber wird man informiert. Das heißt aber nicht, dass man in dem Bundesland, in dem man den Test gemacht hat, einberufen wird. Über die Einberufung wird gesondert informiert, wenn man genug Punkte für das Wunschbundesland hat. Sind anderswo Plätze frei, kann man dort Polizist werden. Außerdem bleiben die Punkte für ein Jahr gültig, sollte im Wunschbundesland ein Kurs starten.
Warum finden im September nur Kurse in Wien, Vorarlberg und Oberösterreich statt? Wird gespart?
Wir evaluieren alle drei Monate die laufenden Abgänge. Basierend darauf sehen wir, ob wir Ausbildungsklassen brauchen. Im konkreten Fall waren in sechs Bundesländern die Planstellen besetzt. Polizisten aufzunehmen, die wir nicht finanzieren können, wäre fahrlässig.
Laut Gewerkschaftern ist der Personalbedarf höher, als kommuniziert wird. Das Innenministerium berichtet von Personalhöchstständen.
Es gibt den Stellenplan des Finanzministeriums und der definiert, wie viele Polizisten es wo zu geben hat. Insgesamt gab es zuletzt einen massiven Zuwachs, in Wien und Vorarlberg konnten die neuen Stellen aber nicht besetzt werden. In Restösterreich haben wir dafür eine Reserve gebildet, die es auch brauchen wird, denn wir haben im Schnitt 800 Polizisten, die jedes Jahr aus dem Dienst ausscheiden.
Warum sind speziell in Wien trotzdem so viele Überstunden notwendig?
Wir haben in Wien eine Sondersituation. Es gibt weniger Wiener, die zur Polizei wollen im Verhältnis zu anderen Bundesländern. Wien wird seit eh und je mit Kollegen anderer Bundesländer unterstützt. Viele davon wollen irgendwann heim. Dazu kommt, dass in Ostösterreich die Spezialeinheiten sind. Diese beziehen ihr Personal großteils Teil aus Wien.

Seit 2022 Bundespolizeipräsident: Michael Takács.
Kritiker sagen, Nachbesetzungen erfolgen nicht im angekündigten Ausmaß.
Wenn ich ein Personalvertreter wäre, würde ich das genauso sehen. Ich bin aber verantwortlich für ganz Österreich. Und wenn ich sehe, dass die Steiermark über dem Planstellen-Stand ist, dann ist es logisch, dass ich dort nicht noch mehr Klassen ausbilde.
Die heuer geplanten 1.500 Aufnahmen liegen unter früheren Zielen. 2.500 Neubesetzungen wollte man einst.
Wir haben auf den Ist-Stand reagiert. Wir hatten in Österreich noch nie so viele Polizisten in Ausbildung. Die Polizeischulen sind voll, teils übervoll. Ja, es sind neue Aufgaben zur Polizeiarbeit dazugekommen. Wir haben aber auch einen enormen Hype gehabt letztes Jahr mit mehr als 2.500 Aufnahmen. Diese Polizisten kommen im nächsten Jahr in die Praxis. Mit diesem Wissen werde ich neue Klassen nur dort machen, wo ich das Personal brauche.
Es wird seit Monaten über das Sparen bei der Polizei geredet. Nun werden Ausbildungskurse abgesagt. Wie ist die Stimmung im Korps?
Bei den Kollegen geht es eher darum, wie wir adäquate und effiziente Arbeitszeiten schaffen können. In welchem Bundesland die Ausbildungen stattfinden, ist sekundär. Als Bundespolizeidirektor werde ich natürlich immer sagen, ich will mehr Personal. Sonst wäre ich ein schlechter Direktor. Ein noch schlechterer wäre ich allerdings, wenn ich das Personal nicht wirtschaftlich und strategisch einsetzen würde. Und da kann ich mich nur innerhalb der Planstellen des Bundes bewegen. Keiner kann sich fünf Autos kaufen, wenn er nur das Geld für eines hat.
Haben Sie genug Polizisten?
Tägliche Sicherheitsaufgaben werden erledigt. Dass wir aufgrund einer erhöhten Terrorgefahr in Österreich in Bereichen wie dem Staatsschutz oder bei Observationen Ressourcen aufbringen müssen, ist bekannt. Aber eines steht fest: Für den Bürger auf der Straße wird die Sicherheit nicht wegbrechen.
Sollte die Polizei bestehende Ressourcen anders nutzen – Stichwort Objektschutz?
Der Objektschutz ist Thema. Das macht in anderen Ländern das Militär. Aber dafür bräuchte es eine Verfassungsänderung, denn diese verpflichtet uns zum Schutz der Botschaften. Ich sehe andere Bereiche. Durch mehr Digitalisierung ließe sich viel Bürokratismus automatisieren. So könnten Polizisten schneller mehr auf Streife sein. Das ist es, was die Bevölkerung will: Polizisten auf der Straße, die da sind, wenn sie gebraucht werden.
Sie sind seit 1988 bei der Polizei. Würden Sie heute noch Polizist werden?
Ich würde es sofort wieder tun. Es ist einer der schönsten Berufe, mit allen Höhen und Tiefen. Man ist in erster Linie bei den Menschen. Beim Polizeiberuf – und das unterscheidet die Filme von der Realität – geht es nicht darum, dass man jeden Tag Menschen einsperrt und Verbrecher einfängt, sondern es geht in erster Linie darum, Menschen Hilfe zu leisten. Insofern ist es ein Traumberuf.
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