Doppelabzocke mit Bitcoin: Wie die Krypto-Betrüger in Österreich vorgehen

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Der Bitcoin und andere Kryptowährungen erreichen zurzeit ungeahnte Höhen. Das ruft Kriminelle auf den Plan. Worauf Sie achten müssen.

Wer vor fünf Jahren um 8.000 Euro einen Bitcoin gekauft hat, darf sich heute über einen Wert von rund 100.000 Euro freuen. Das entspricht einem Gewinn von mehr als 1.000 Prozent. Die wiederholt totgesagte Kryptowährung eilt derzeit von Allzeithoch zu Allzeithoch – und zieht dabei unzählige, in der digitalen Welt unerfahrene Investoren in ihren Bann. 

Aber nicht nur diese. Auch Betrüger wittern ihre Chance, unbedarfte Anleger abzuzocken. Gerne mehrfach.

Vermeintliche Beratung

Pensionistin Maria P. musste das auf die harte Tour lernen: „Angefangen hat alles heuer im März mit einem Anruf. Eine vermeintliche Kundenberaterin hat mir eine Internetseite empfohlen, auf der man schon mit kleinen Beträgen investieren könne.“ Aus Neugierde und weil Bekannte gute Erfahrungen mit Bitcoin gemacht hatten, rief die Wienerin den Link auf.

Kurz darauf klingelte das Telefon erneut: „Sie haben unser Angebot aufgerufen, dadurch sind Kosten von 150 Euro entstanden. Sie können die Summe aber auch investieren, danach haben Sie jederzeit Zugriff darauf“, erklärte Telefonistin Elisabetha T. am anderen Ende der Leitung mit leichtem Akzent.

Immer mehr investiert

Was sich in den folgenden Monaten abspielte, kennt Reinhard Nosofsky, Leiter der Betrugsermittlung im Bundeskriminalamt (BK), zu gut: „Die Kriminellen gaukeln eine positive Entwicklung des Investments vor, erschleichen sich so Vertrauen und üben schließlich Druck aus, noch mehr zu investieren.“

Bei Frau M. war das nicht anders. In immer größeren Beträgen überwies sie in Summe 13.000 Euro – Geld, das sie geerbt hatte und für Kinder und Enkerl gut veranlagen wollte. „Ich wurde regelmäßig über meinen angeblichen Depotwert informiert. Dazu der Ratschlag, die günstige Marktlage zu nutzen und weiter einzuzahlen. Aber irgendwann war es mir genug“, erinnert sich die 64-Jährige.

Täter setzen Opfer unter Druck, wie dieser Chat zeigt.

Täter setzen Opfer unter Druck, wie dieser Chat zeigt.

Die zuvor freundliche Anlageberaterin sei daraufhin nahezu ungehalten gewesen und habe gedroht, dass alles verloren wäre, wenn sie nicht weiter investiere. Die Pensionistin gab nicht nach, woraufhin Elisabetha T. einlenkte und ihr eine Auszahlung der Gewinne bzw. von insgesamt 80.000 Euro in Aussicht stellte. Dazu müsse die Wienerin lediglich 7.500 Euro als Sicherheit hinterlegen. An dieser Stelle wurde Maria P. endgültig stutzig. Sie brach den Kontakt ab und googelte in der Hoffnung auf Hilfe nach einem Anwalt.

Das Spiel mit der Hoffnung

Die Suchmaschine spuckte schnell einen Advokaten aus. Einen Herrn Adir N. – zwar mit Praxis in Tschechien, aber dafür mit dem Spezialgebiet Kryptowährungsbetrug. Die Distanz sollte kein Problem sein, denn der Anwalt bot sein Service praktischerweise telefonisch und digital an – vorausgesetzt einer Vorauszahlung von 1.200 Euro.

„Der Klassiker“, seufzt Nosofsky. Ermittler sprechen in diesem Zusammenhang vom „Recovery Scam“. „Einige Zeit nach der ersten Betrugshandlung meldet sich eine Detektei oder Anwaltskanzlei, die auf den Fall aufmerksam geworden sein will und ihre Dienste anbietet“, weiß der Kriminalist. Da sie meistens mit den ursprünglichen Tätern unter eine Decke stecken, wissen die Kriminellen erstaunlich viel über den Fall, was bei den Betroffenen einen seriösen Eindruck erweckt. Dass Betrüger im Internet inserieren, sei ebenfalls eine gängige Masche.

Im Fall von Maria P., die um sicherzugehen nun ihren Sohn hinzugezogen hatte, dürfte der Fake-Anwalt sehr überzeugend gewesen sein. Insgesamt entlockte er der Familie weitere 3.000 Euro. Bei der Polizei war die 64-Jährige bis heute nicht. Zunächst hatte ihr „Rechtsvertreter“ davon abgeraten. Später dachte sie, da sei nichts mehr zu machen. Eine häufige Fehlannahme, wie Nosofsky betont: „Wenn, kann nur die Polizei helfen. Man sollte nie auf eigene Faust handeln.“ Täter würden Fehler machen. Um diese zu finden, müssten die häufig schambehaften Fälle aber angezeigt werden.

Nicht unter Druck geraten

Noch besser sei es, gar nicht erst auf die üblen Tricks reinzufallen. Häufig helfe es schon, sich nicht unter Druck setzen zu lassen und kurz nachzudenken, rät der Ermittler: „Wenn ein Investment so lukrativ wäre, warum würde Ihnen jemand damit hinterherrennen? Wäre es so einfach, müssten die angeblichen Berater niemandem etwas andrehen. Sie wären längst reich.“