Wie Supermärkte in Wien gegen den Parkplatzmangel helfen könnten

Der aktuelle Baustellensommer verschärft ein Problem, das Wiener bestens kennen: Man hat es eilig, findet aber keinen Parkplatz. Sei es die Dauerbaustelle im Alsergrunder Lichtental, wo Anrainer seit Jahren zu wenige Parkmöglichkeiten bemängeln; Margareten, wo ein erbitterter Politstreit über Anwohnerparkplätze ausgefochten wird; oder die Josefstadt, in der versiegelte Fläche Grünfläche weichen soll.
Das deutsche Start-up Wemolo will eine Lösung für das Dilemma gefunden haben, denn „nach 30 Jahren Parkpickerl bleibt das Problem für viele Anwohner bestehen“, heißt es in einer Mitteilung. Die Lösung: private Flächen der Öffentlichkeit zugänglich machen, wenn sie nicht genutzt werden. Konkret: jene von Supermärkten. Einem Unternehmenssprecher zufolge gibt es in Wien 15.000 Supermarktparkplätze von Billa und Spar, die nachts leer stehen.
Diesen Umstand hat der „Spezialist für digitale Parkraumbewirtschaftung“ zum Geschäftsmodell gemacht und „verwandelt nachts ‚tote‘ Handelsflächen in buchbare Anwohnerstellplätze“. In Innsbruck ist das Unternehmen bereits aktiv. Je nach Standort kostet ein Monat 50 bis 80 Euro, auch Tages- und Wochenpakete sind buchbar. Die Preise sollen deutlich unter jenen privater Tiefgaragen liegen.
Wann das Modell zum Parkraummanagement in Wien Fuß fassen soll, ist ungewiss. Auf KURIER-Anfrage heißt es, man sehe Potenzial und betreue in der Bundeshauptstadt Flächen, die für „die Öffnung für Anwohnerparkplätze außerhalb der Geschäftszeiten“ geeignet seien. Auch eine Ausweitung auf städtische Stellplätze – Dienstgebäude, Referate oder Verwaltungseinrichtungen – seien denkbar.
Verkehrsexperte Ulrich Leth von der TU Wien ist aus stadtplanerischer Sicht nicht restlos überzeugt. „Wenn dadurch öffentliche Fläche frei wird, ist das positiv. Aber man sollte bedenken, dass mehr Parkplätze einen Anreiz bedeuten, ein Auto zu kaufen bzw. es zu behalten.“
Parkplatz als Umweltschutz?
Das Unternehmen beruft sich auf andere Verkehrsexperten. Diesen zufolge verursache die Parkplatzsuche in Europas Städten rund 30 Prozent des innerstädtischen Verkehrs. Studien würden zeigen, dass ein Fahrzeug auf Parkplatzsuche bis zu 1,3 Kilogramm CO₂ pro Stunde ausstößt. Weniger sinnloses Kreisen könne Emissionen einsparen. „Sinnvolle Mehrfachnutzung bereits versiegelter Flächen entspricht modernen Konzepten einer smarten, ressourcenschonenden Stadtentwicklung“, erklärt Wemolo-Mitgründer Bastian Pieper.
Leth widerspricht nicht, gibt aber zu bedenken, dass eine reduzierte Parkplatzsuchzeit das Autofahren attraktiviere. Ein Argument, das Verkehrsplaner Hermann Knoflacher, ebenfalls von der TU, seit Jahren predigt: Liegt der Parkplatz näher als die Öffi-Haltestelle, ist Umsteigen unwahrscheinlich. Dazu kommt: In der Früh brauchen viele Supermärkte ihre Parkplätze wieder für Kunden – das Angebot dürfte sich also an Vielfahrer richten, die täglich das Auto nutzen.
Ein Bereich, in dem die Form der Parkraumbewirtschaftung aber durchaus Vorteile bringen könnte, ist die Sicherheit. Parkplatzsuchende sind für einen großen Teil der Unfälle verantwortlich – Stichwort Dooring. Beim stressfreien Einparken am Supermarktparkplatz fällt dieses Risiko weg.
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