Sorge um die Donau: Der Strom aus Plastik

Gregor Ludick sammelt Müll am Ufer der Neuen
Neue Studie erhebt tatsächliche Kunststoffbelastung und Herkunft des Abfalls in heimischen Flüssen.

„Man sieht es ja hier“, sagt Gregor Ludick und macht eine ausholende Handbewegung, die Böschung und das Ufer der Neuen Donau mit einschließt. „Zigarettenpackerln, Müll vom Müsliriegel, Zuckerlpapierl und Zigarettenstummeln“, zählt das Mitglied der Meeresschutzorganisation „Sea Shepherd“ auf, was ihm ins Auge sticht. Lang muss Ludick nicht das Ufer absuchen, schon hat er den Arm voller Müll.

Ein Mal im Monat führen die Freiwilligen des Vereins in Wien ein Donau-Clean-up durch. Immerhin landet der Müll, der in den Strom gelangt, irgendwann auch im Schwarzen Meer. Eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2015 geht von rund 40 Tonnen Plastik aus, die in Österreich pro Jahr in die Donau gelangen. Damals wurde mit der Uni für Bodenkultur der Anteil an Mikroplastik – also von Partikeln, die kleiner als fünf Millimeter sind – erhoben. Europaweit sollen es bis 1500 Tonnen sein.

Zuletzt hatten die Freiwilligen von „Sea Shepherd“ 180 Kilo Müll an der Neuen Donau eingesammelt. Knapp 70 Prozent der gesammelten Stücke waren aus Kunststoff.

Sorge um die Donau: Der Strom aus Plastik

Neben Plastiksackerln, Styropor und Kleidungsstücken sind auch viele Flaschen dabei, wie erste Untersuchungen der aktuellen Studie „Plastic Free Danube“ der BOKU gemeinsam mit der Slowakei zeigen. „Wir erheben, wie viel Plastik sich wirklich in der Donau befindet“, erklärt Projektleiterin Gudrun Obersteiner. „Denn da wo der Müll gesammelt wird, sind sogenannte Akkumulationszonen. Von diesen kann man nicht direkt auf die Menge rückschließen.“ Das Plastik wird nun bis 2020 im Nationalpark Donau-Auen sowie vor und nach Kraftwerken gesammelt und analysiert. Bisher wurden bei sieben Sammelaktionen 374 Kilo Kunststoffe sortiert, 18 Prozent des Gewichts machten PET-Flaschen aus.

Für die Studie wird eine eigene Methodik entwickelt, die auch die Strömung berücksichtigt und die international eingesetzt werden soll. Es soll herausgefunden werden, wo das Plastik in die Donau gelangt oder um welche Teile es sich einst gehandelt hat. Auch Bewusstseinsbildung ist Teil des Projekts, an dem sich der Nationalpark und die Wasserstraßengesellschaft „via donau“ beteiligen. Ziel ist es, herauszufinden, welche Strategien es zur Müllvermeidung braucht.

Gefahr für Tiere

„Das meiste wird einfach achtlos weggeschmissen“, berichtet Ludick. Bei entsorgten Plastiksackerln, aber auch bei Kleidungsstücken käme hinzu, dass sich der Müll aufgrund von Umwelteinflüssen rasch zersetze. Was auch in heimischen Gewässern eine Gefahr für Tiere darstellen kann. „Die Schwäne probieren das dann und die Fische auch“, erklärt Ludick. „Alles, was nicht ins Meer geht, kommt nicht in unsere Nahrungskette.“

Tatsächlich ist Mikroplastik eine große Gefahr in den Gewässern. Es gelangt durch Reifenabrieb in die Kanalisation, wäscht sich aus Kunstfaser-Kleidung oder befindet sich in Kosmetika. Auch von großen Plastikteilen können sich im Wasser Partikel abreiben. Die Teilchen reichern Schadstoffe an und über Tiere, die diese fressen, können sie in unsere Nahrung gelangen. Die scharfen Kanten können Gewebe zerstören. In heimischen Fischen sei aber noch kein Mikroplastik gefunden worden, sagt Karl Kienzl, Vize-Geschäftsführer des Umweltbundesamts. Seit 2015 stehe das Thema auch in der EU auf der Agenda. Die Kommission diskutiert über ein Verbot von Einwegplastik für Strohhalme, Wattestäbchen, Luftballons oder Fischernetze. Die Kunststoffindustrie hat sich mit dem „Zero-Pellet-Loss-Programm“ verpflichtet, den Eintrag von Kunststoffrohstoff in die Gewässer zu vermeiden. „Es gab hier eine 90-prozentige Reduktion im ersten Jahr“, berichtet Kienzl. Im Handel seien seit 2014 122 Millionen Plastiksackerl eingespart worden. „Global betrachtet ist aber viel zu wenig passiert.“

2019 wird die Internationale Donauschutzkommission unter Beteiligung von zehn Ländern die Plastikbelastung der Donau untersuchen. Für Ludick ist es fünf vor 12: „Wenn es so weiter geht, gibt es 2050 mehr Plastik als Fische in den Meeren."

Mitarbeit: Markus Strohmayer

Kommentare