Soldat in SS-Uniform: Regierung will Beamtendienstrecht ändern

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) im Rahmen einer Pressekonferenz im März 2020
Beamte sollen künftig nach jeder Verurteilung nach dem Verbotsgesetz ihr Amt verlieren.

Nach dem KURIER-Bericht um einen Unteroffizier, der trotz Tragens einer SS-Uniform weiter im Heer tätig sein darf, reagiert die Bundesregierung nun: Künftig soll jede rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz bei Beamten automatisch zu einem Amtsverlust führen, und zwar unabhängig von allfälligen disziplinarrechtlichen Schritten, kündigten Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Freitag an.

Die Causa des Oberstabswachtmeisters sorgte nicht nur für Entrüstung bei SPÖ und NEOS, auch Bundespräsident und Oberbefehlshaber Alexander Van der Bellen zeigte sich "schockiert". Über mehrere Jahre soll der Mann im Internet NS-Devotionalien bestellt haben, sich eine SS-Uniform gebastelt und damit posiert haben sowie den Hitlergruß gezeigt haben, zudem wurde bei ihm Munition aus dem Heeresbestand gefunden.

Keine Entlassung beantragt

Der 36-Jährige ist im Sommer am Landesgericht Klagenfurt wegen NS-Wiederbetätigung zu zehn Monaten bedingter Haft und 1.200 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Von der Disziplinarbehörde bekam er nur eine Geldstrafe. Der vom Verteidigungsministerium bestellte Disziplinaranwalt hatte zwar die Möglichkeit einer Entlassung angesprochen, eine solche aber nicht beantragt, sondern nur eine Geldstrafe von knapp 5.000 Euro.

Der Grüne Koalitionspartner fragt sich ebenso wie die SPÖ, warum Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) keine Weisung an den Disziplinaranwalt erteilt hat, bei der Disziplinarbehörde eine Entlassung zu beantragen. Die Möglichkeit hätte sie laut Verfassungsjuristen durchaus gehabt. Der Disziplinaranwalt untersteht der Ministerin und "ist an deren Weisungen gebunden", erläuterte etwa Verfassungsrechtler Heinz Mayer im Ö1-"Mittagsjournal". "Sie ist verantwortlich für das, was der Disziplinaranwalt tut."

Automatischer Amtsverlust

Um solchen Diskussionen künftig vorzubeugen, plant die Regierung nun eine Gesetzesänderung. Zadić und Edtstadler rückten am Freitagnachmittag aus, um per Aussendung zu verkünden, dass man gemeinsam einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung erarbeiten werde. Ziel ist es, dass künftig jede rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz bei Beamten automatisch zu einem Amtsverlust führt, und zwar unabhängig von allfälligen disziplinarrechtlichen Schritten.

"Wer nach dem Verbotsgesetz verurteilt ist, hat im Staatsdienst nichts zu suchen", unterstrich Zadić. "Jede Form von NS-Verherrlichung ist ein nicht tolerierbarer Angriff auf unsere demokratische Gesellschaft. Da darf es Null Toleranz geben."

"Nationalsozialistische Wiederbetätigung widerspricht allem, wofür wir als Österreich stehen", erklärte auch Edtstadler. "Zurecht setzen wir höchste Ansprüche an die Bediensteten der Republik." Die Novellierung des Verbotsgesetzes sei sowohl in der "Nationalen Strategie gegen Antisemitismus" als auch im Regierungsprogramm vorgesehen. "Die Umsetzung dieser Maßnahme hat höchste Priorität."

Deutsch ortet "Schandfleck"

"Das skandalöse Disziplinarerkenntnis ist ein Schandfleck auf den österreichischen Bemühungen im Kampf gegen Antisemitismus", betonte der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft, Oskar Deutsch, in einer Aussendung. Umso mehr begrüße er den Vorstoß von Zadić und Edtstadler. "Nazis, ihre Sympathisanten und Nacheiferer sowie andere Antisemiten haben weder im Staatsdienst noch sonst wo in unserer demokratischen, offenen Gesellschaft etwas verloren."

SPÖ-Mandatarin Sabine Schatz begrüßte "das schnelle Einlenken" ebenso, NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos fände es gut, "wenn ein öffentlicher Aufschrei in Zukunft erst gar nicht notwendig wäre, damit entsprechende Schritte gesetzt werden".

Tanner kündigte Kommission an

Die in der Kritik stehende Verteidigungsministerin Tanner bekräftigte in einer Stellungnahme, dass sie für derartiges Fehlverhalten "überhaupt kein Verständnis" habe und sie eine Kommission zur Bekämpfung staatsfeindlicher Tendenzen einrichten wolle. Nun gehe man einen Schritt weiter, denn der Fall zeige, "wie wichtig die Nachschärfung bei legistischen Maßnahmen in diesem Bereich ist".

Das Ministerium hatte zunächst am Donnerstag betont, dass "eine Null-Toleranz-Politik bei Rechtsextremismus gelebt wird und dass immer alle rechtlich möglichen Maßnahmen ergriffen werden". "Weder das Gericht noch die dafür einzig zuständige Disziplinarbehörde haben eine Entlassung erwirkt", argumentierte ein Sprecher außerdem auf Twitter.

Der Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt, Richter Christian Liebhauser-Karl, erklärte am Freitag gegenüber der APA, dass die Geschworenen eine Entlassung des Soldaten im Urteil nicht hätten festlegen können. Eine solche sei lediglich dann automatisch eine "Nebenfolge der Strafe", wenn diese höher als zwölf Monate bedingt oder höher als sechs Monate unbedingt ausfalle.

Entlassung wäre möglich gewesen

Allerdings hätte man im Rahmen des Verfahrens vor der Disziplinarbehörde sehr wohl jetzt schon die Möglichkeit gehabt, eine Entlassung zu erwirken. Dies hat der Disziplinaranwalt des Verteidigungsressorts sogar selbst bei der mündlichen Verhandlung Mitte September dargelegt, wie aus der Entscheidung hervorgeht, die der APA vorliegt: "In den Schlussworten führte der Herr Disziplinaranwalt beim BMLV (DiszAnw) aus, dass der Disziplinarbeschuldigte durch seine Tathandlungen vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe", heißt es darin.

"Nach der Rechtsprechung des VwGH komme aufgrund des Treueverlustes die Disziplinarstrafe der Entlassung in Betracht. Aus generalpräventiven Gründen sowieso, allerdings sei in diesem Fall eine Geldstrafe ausreichend." Er verwies auch darauf, dass das Strafgericht eben eine Strafe unter einem Jahr ausgesprochen hatte.

Milde Geldstrafe

Die Disziplinarbehörde folgte schließlich der Argumentation des Disziplinaranwaltes. Die Kommission wertete "mehrere Dienstpflichtverletzungen" als "straferschwerend", führte aber auch einige Milderungsgründe an: ein reumütiges Geständnis, Distanzierung, Unbescholtenheit, die bisherige Dienstleistung und positive Zukunftsprognose.

Der Soldat wurde letztlich wegen nationalsozialistischen Wiederbetätigung zu einer Geldstrafe in der Höhe von 4.320 Euro (und einem Kostenbeitrag von 360 Euro) verurteilt. Er "möge die milde Bestrafung als Vertrauensvorschuss sehen, dass er in Zukunft derartige Dienstpflichtverletzungen unterlässt."

Der Betroffene wird laut Ministerium nunmehr "in einer nicht militärischen Funktion im Rahmen seines Beamtendienstverhältnisses verwendet".

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