"Würden Sie sich als Dschihadist bezeichnen?"

Strenge Sicherheitsvorkehrung vor dem Grazer Straflandesgericht.
Im Grazer Dschihad-Prozess wurde am Donnerstag ein Massentötungsvideo vorgeführt.

Im Grazer Straflandesgericht ist am Donnerstag der Prozess gegen einen mutmaßlichen Dschihadisten fortgesetzt worden. Dem gebürtigen Bosnier wird vorgeworfen, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beitreten und weitere Mitglieder rekrutieren wollte. Einer seiner angeblich vermittelten Bekannten ist auf einem IS-Propaganda-Video zu sehen, das in der Verhandlung gezeigt wurde.

Am zweiten Verhandlungstag bat der Beschuldigte darum, im Prozess "unnötige Verzögerungen zu vermeiden, wenn das möglich ist". Daraufhin ging der Richter mit ihm die Zeugenliste durch. "Ich brauche keinen von denen", meinte der Angeklagte vor allem in Hinblick auf die Zeugen der Anklage. Ob nun alle gehört werden oder nicht, wurde zunächst aber nicht entschieden.

"Würden Sie sich als Dschihadist bezeichnen?"

Dann ging die Befragung durch den Richter weiter, der ganz konkret wissen wollte: "Würden Sie sich als Dschihadist bezeichnen?". "Ich bin ein Muslim", antwortete der Bosnier. "Sind Sie ein Sunnit?", hakte der Richter nach, denn der Beschuldigte hatte sich in einer Einvernahme selbst so bezeichnet. "Ich bin ein Muslim, aber Sie können mich nennen, wie Sie wollen", meinte der Angeklagte betont höflich.

Gewaltszenen auf Video

Am Nachmittag ist es erneut um die Videos gegangen, die bei dem Angeklagten auf CDs und am Computer gefunden worden waren. Darunter ein Film, der detailliert eine Massenenthauptung von gefangenen Soldaten durch IS-Kämpfer zeigt. Der Angeklagte, dem vorgeworfen wird, ebenfalls dem IS anzugehören, betonte lautstark: "Ich bin Muslim, ich gehöre zu keiner Organisation."

Nachdem es zunächst zu einer heftigen Koran-Diskussion in Bezug auf die Auslegung einiger Verse zwischen Staatsanwalt und Beschuldigtem gekommen war, wurden die Videos gezeigt. Unter anderem jener Streifen, der zeigt, wie IS-Anhänger in einer Reihe stehen und gefangenen Soldaten mit einem Messer die Köpfe abtrennen. "Für mich ist das der Inbegriff der politischen Pornografie", meinte der Staatsanwalt zu dem blutigen Propaganda-Video. "Haben Sie den Film gesehen?", wollte der Richter vom Angeklagten wissen. "Weiß ich nicht", antwortete der Bosnier. "Das heißt, Sie schauen dauernd solche Filme?", schloss der Richter aus dieser Antwort.

Nachdem die Hinrichtung gezeigt worden war, fragte der Vorsitzende den Beschuldigten: "Würden Sie hier mitmachen, wenn Sie dazu aufgefordert werden würden?" "Nein, ich bin seit 23 Jahren hier, ich würde keine schlimme Tat machen", lautete die Antwort. "Also geben Sie zu, dass es eine schlimme Tat ist?", hakte der Richter nach. "Ich kann das nicht sagen, ich weiß es nicht, ich war nicht dort", wich der Angeklagte aus.

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