Sicherheit auf höchstmöglichem Level
Ein 27-jähriger Syrer sprengt sich beim Musikfestival in Ansbach in die Luft und verletzt 15 Menschen; der Sprengsatz befindet sich im Rucksack – der jüngste Anschlag in Bayern lässt auch bei Veranstaltern in Österreich die Alarmglocken schrillen.
"Nach dieser Tat stellt sich die Frage, ob man noch Verantwortung für 30.000 Gäste übernehmen kann." Klaus Leutgeb organisiert von Donnerstag bis Samstag am Schwarzlsee bei Graz das "Lake Festival", wo internationale Top-DJs täglich rund 10.000 Tanzwütige anlocken werden.
Leutgeb glaubt, alles Menschenmögliche für einen reibungslosen Ablauf organisiert zu haben: "Die Security kostet 400.000 Euro, 100.000 Euro mehr als letztes Jahr. Wir haben aufgrund der weltweiten Terrormeldungen 250 Sicherheitsleute, drei Schleusen statt bisher eine zum Zutritt des Geländes, eine 30-Mann-Eingreiftruppe, eine zusätzliche Polizeieinheit, die mit Voll-Körperschutz ausgestattet ist – und am Hauptgelände herrscht Rucksack-Verbot", erklärt der Veranstalter die Maßnahmen, um dann wieder zum vergleichsweise kleinen Festival nach Bayern zu blicken.
Kaum zu schützen
"Die Skrupellosigkeit, mit der der Attentäter in Ansbach zugeschlagen hat, gibt zu denken. Hundertprozentige Sicherheit kann niemand gewähren", verweist Leutgeb auf seine 140 Hektar große Party-Arena, die von einem 20 Kilometer langen Zaun begrenzt ist. "Wenn jemand eine verrückte Tat plant und wirklich durchführen will ...", lässt er den Satz im Raum stehen.
Beim Beachvolleyball-Event, das von heute bis Sonntag in Klagenfurt steigt, wurde das Securitypersonal nicht aufgestockt. "Wir verfügen über ein bewährtes Sicherheitskonzept, Hysterie ist nicht angebracht", sagt Pressesprecher Walter Delle-Karth. Sicherheitschef Jan Wiedey hat seine 200 Angestellten auf exakte Kontrollen eingeschworen: "Die Leute wurden in speziellen Briefings aufgeklärt, jeder Rucksack wird exakt untersucht."
Ein deutlich schärferes Sicherheitskonzept gibt es kommende Woche bei der "Master of Dirt"-Show in Klagenfurt: Veranstalter Thomas Semmler hat angekündigt, dass "in Tagen wie diesen" die Sicherheitsvorkehrungen intensiviert würden. Das Personal werde nur jenen Leuten Einlass gewähren, die sich ausweisen können.
"Angstspirale"
Doch wie sollen man mit der Angst umgehen? Der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl rät dazu, zwar die Augen offen zu halten, aber "sich nicht in die Angstspirale ziehen zu lassen". Die Wahrscheinlichkeit, Ziel eines Attentats zu sein, sei "sehr, sehr gering". Geht es nach Kreissl, hat sich die Sicherheitslage gar nicht verschlechtert: "Nicht die Welt hat sich verändert, sondern unser Empfinden, unser Blick auf die Welt."
Die Terror-Gefahr spiele sich vielmehr im Kopf ab. Sich bei einem Konzert unter Unbekannte zu mischen, sei derzeit nicht risikoreicher als früher, sagt Kreissl: "Im Vorjahr kannten Sie die anderen Besucher ringsum auch nicht. Und es gibt nicht mehr Verrückte als vor einem Jahr."
Allerdings hinterlassen die Vorfälle Spuren bei den Veranstaltern und ihren Sicherheitskonzepten. Ewald Tatar von "Barracuda Music" gehört zu den Platzhirschen unter den Festival-Organisatoren – sein Nova Rock mit 180.000 Besuchern verlief friktionsfrei. Im August geht zum fünfzehnten Mal das Frequency in St. Pölten über die Bühne. "Wir arbeiten als Veranstalter auf dem höchstmöglichen Level", sagt er.
Grenze des Machbaren
Nachgeschärft wurde nach den Schüssen in der Pariser Konzerthalle Bataclan. Das "Controlling", dem sich jeder Gast einzeln unterziehen muss, ist streng: Körpercheck, Rucksack-Kontrolle, auch Metalldetektoren sind im Einsatz. Eine Bewaffnung der Sicherheitsleute lehnt Tatar ab – auch Gäste dürfen natürlich keine Waffen tragen. Doch der Fall Bataclan zeige die Grenze des Machbaren auf: "Die Securitys hätten die Täter nicht stoppen können", sagt Tatar. Das sei letztlich Aufgabe der Polizei.
Die kündigt an, Veranstaltungen verstärkt im Auge zu haben. Die Einschätzung ist aber unverändert: Eine konkrete Gefährdungslage liegt derzeit nicht vor.
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