Zuhörer dürfen bleiben
Die Opferanwälte Johannes Öhlböck und Florian Höllwarth hatten eigentlich den Ausschluss der Öffentlichkeit während der Verhandlung beantragt. Doch dem wird nicht stattgegeben. Die Zuhörer dürfen vorerst bleiben.
Zubaidullah R., Ibraulhaq A. und Ali H., allesamt Afghanen, sind wegen Vergewaltigung mit Todesfolge angeklagt. Sie sollen Schuld daran tragen, dass die 13-jährige Leonie am 26. Juni 2021 in Wien-Donaustadt starb. Sie war an den Folgen einer Drogenüberdosis erstickt.
Doch Schuld wollte bisher keiner der angeklagten Männer auf sich nehmen. Das ändert sich am ersten Verhandlungstag – zumindest kündigt das Thomas Nirk, Anwalt von Ibraulhaq A. an. Seine Aussage wird allerdings erst am Mittwoch zu hören sein.
Auch Zubaidullah R., 23, bekennt sich teilschuldig. „Sie sollten sagen, ob ich schuldig bin oder nicht“, sagt er zur Vorsitzenden Richterin Anna Marchart.
Doch auf den ersten Blick ist nicht ganz klar, wo er seine Schuld sieht. Zwar entschuldigt er sich „bei der Familie des Opfers und der Republik Österreich“. Aber: „Ich habe alles Mögliche getan, um das Leben des Mädchens zu retten.“ Und: „Es ist halt passiert.“
Sieben Ecstasy-Tabletten
Was passiert war, das schildert der Staatsanwalt den Geschworenen zu Beginn. „Es geht um den tragischen Tod der 13-jährigen Leonie. Sie hat sieben Stück Ecstasy bekommen und ist schließlich erstickt.“
Leonie lebte mit ihrer Familie in Tulln. Doch Wien übte auf das Teenager-Mädchen einen großen Reiz aus. Auch in der Nacht des 25. Juni machte sie sich mit einem Bekannten auf den Weg in die Stadt. Dort traf sie auf die drei angeklagten Männer. Sie ließ sich dazu überreden, in die Wohnung eines Angeklagten mitzukommen. Dort wurde Leonie unter Drogen gesetzt und mehrfach vergewaltigt.
Der älteste Beschuldigte, Zubaidullah R., ein Kampfsportler, präsentiert eine ganz andere Version: „Ali hat mich gefragt, ob ich mit ihr Sex haben will. Sie ist ein Mädchen, das für Geld alles macht“, erklärt er. 50 Euro habe er Leonie gegeben. Dann sei er schlafen gegangen – und sei erst wieder aufgewacht, als er Streit aus dem Nebenzimmer hörte. „Sie lag am Boden, Ali hatte Sex mit ihr, der andere hat gefilmt“, schildert er vor Gericht. Auch er habe dann sein Handy gezückt und Aufnahmen gemacht. „Damit sie das später nicht abstreiten können“, wie er erklärt.
220.000 Euro Trauerschmerzengeld
Als er hört, dass die Opferanwälte insgesamt 220.000 Euro Trauerschmerzengeld einfordern, wird er nervös: „Ich bin ein Flüchtling. Wie soll ich das zahlen?“ Auf Fragen der anderen Verteidiger reagiert er mit einem Grinsen.
Er sei derjenige gewesen, der dem Mädchen helfen wollte, ihm Zitronensaft und Wasser einflößte, um sie wieder munter zu machen, und die anderen aufgefordert habe, „die Rettung oder ein Taxi zu rufen“. Und er habe das Mädchen schließlich auf einem Grünstreifen vor der Wohnhausanlage abgelegt. „Damit sie frische Luft atmet.“
Südenbock
Das passt allerdings nicht mit den bisherigen Erzählungen der anderen Angeklagten zusammen – die geben Zubaidullah R. die Hauptschuld. „Er war auf der Flucht, er konnte sich lange nicht dazu äußern. Alle haben die Schuld auf ihn geschoben“, meint sein Anwalt Wolfgang Haas.
Andreas Schweitzer wiederum, der Ali H. vertritt (er will der feste Freund von Leonie gewesen sein) kritisiert die Berichterstattung in dem Fall. „Es wurde so viel geschrieben, die Angeklagten hatten nicht die Möglichkeit, das zu widerlegen. Sie wurden vorverurteilt.“ Am Mittwoch kommen die beiden anderen Angeklagten zu Wort.
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