E-Mobilität: Schneller fahren, leichter parken

Europa hinkt in der Elektromobilität hinterher
Die Politik setzt neue Verkehrsmaßnahmen. Der KURIER erklärt, was sich für die Österreicher ändert.

Empörte Reaktionen aus mehreren Landeshauptstädten hagelte es am Mittwoch nach einem Beschluss im Ministerrat. Konkret waren Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) und Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) Ziele der Kritik. Die beiden hatten das neue E-Mobilitäts-Paket im Ministerrat eingebracht.

Die Maßnahmen sollen die Österreicher „elektrisieren“. Allerlei Zuckerl sind geplant, um Autofahrer ins E-Mobil zu locken. Wer etwa in einen Elektro-Antrieb investiert, soll künftig die Busspuren nutzen dürfen. Außerdem müssen sich E-Autolenker nicht mehr an den Luft-100er halten. Länder und Gemeinden sollen sogar Gratisparkplätze anbieten.

Inkrafttreten sollen die neuen Regelungen schon 2019 – wenn nötig mit Zwang.

  • Was wird kritisiert?

Den Verkehrsverantwortlichen in Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck und St. Pölten schmecken die Versprechungen so gar nicht. „Auf den Busspuren haben die Busse freie Fahrt. Für Millionen Öffi-Nutzer würden Autos auf Busspuren massive Verzögerungen bedeuten und für die Wiener Linien massive Mehrkosten“, sagt Ulli Sima, die Wiener Stadträtin. In Salzburg wittert Baustadtrat Lukas Rößlhuber gar eine Gefahr für die Verkehrssicherheit: „Weil die Signale an Busampeln anders sind, hätte das Konsequenzen auch für die Verkehrssicherheit.“ Diese Argumente lässt Verkehrsminister Hofer nicht gelten. Sollten sich Länder und Gemeinde querstellen, „machen wir das über die StVO (Straßenverkehrsordnung, Anm.)“ Rückenwind bekommt Hofer von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Er hofft bei der Förderung nach mehr E-Mobilität auf Unterstützung durch die Grünen in den Stadtregierungen. Das betrifft das angestrebte Gratisparken für Elektrofahrzeuge ebenso wie die Öffnung der Busspuren. Letzteres kann der Bund erzwingen, verwies auch der Kanzler auf „gesetzliche Möglichkeiten“. Über das Parken entscheide hingegen die jeweilige Stadt. Für die Zukunft bedeutet das jedenfalls zahlreiche Veränderungen im Straßenverkehr.

E-Mobilität: Schneller fahren, leichter parken
  • Soll ich mir schnell ein E-Auto kaufen?

Bernhard Wiesinger, Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung, beantwortet diese Frage mit einem „Jein“. Es komme nämlich immer auf den Einzelfall an. „Für jene, die ihr Auto nur an öffentlichen Tankstellen laden, kann es teuer werden.“ Zwar ist die volle Ladung immer noch günstiger als fossile Treibstoffe, rechnet man aber Parkgebühren beim Tanken und den viel höheren Preis des Autos dazu, müsse man mitunter tief in die Tasche greifen. „Außerdem ist entscheidend, welche Strecken man zurücklegen muss. Pendle ich täglich zum Beispiel aus dem Waldviertel nach Wien, dann kann es Probleme geben. Bei Kälte gibt es eine deutliche Reichweiteneinschränkung“, sagt Wiesinger. Der ÖAMTC begrüße die neuen Maßnahmen zwar prinzipiell, rät Unentschlossenen aber dazu, sich vorher gut zu informieren. Nachsatz: „Man darf nicht vergessen, dass die Vergünstigungen nur temporär sein werden. An gratis E-Tankstellen wird man über kurz oder lang bezahlen müssen, und auch die neuen Regelungen werden vermutlich nur so lange gelten, bis sich mehr Menschen ein E-Auto gekauft haben“, sagt der Experte. Diese Möglichkeit zur Aufhebung der Zuckerl räumte Umweltministerin Köstinger am Mittwoch übrigens selbst ein.

  • Welche Kosten kommen bei der Anschaffung eines E-Autos auf mich zu?

Elektroautos sind in der Anschaffung wesentlich teurer als ihre Pendants am Abgasen. Ein Beispiel: Der VW E-Golf kostet mit knapp 40.000 Euro fast doppelt so viel wie der Benziner. Die Kosten für den Kauf sollen sich laut Experten bei einer durchschnittlichen Nutzung aber nach etwa fünf Jahren amortisieren. Je nach Fahrzeugklasse fördert der Staat außerdem den Kauf mit bis zu 4500 Euro. Auch die Errichtung von Wallboxen – das sind Ladestation für Zuhause – wird mit bis zu 200 Euro gefördert. Laut ÖAMTC ist in Sachen Kosten auch die undurchsichtige Preispolitik beim Tanken ein Problem: Verkehrswirtschaftsexperte Martin Grasslober: „Nach wie vor sind die Preise nicht eindeutig vergleichbar. Besonders problematisch ist, dass die Tarife an vielen E-Ladestationen zeitabhängig sind. Man zahlt, solange das Auto angesteckt ist. Die tatsächlich Strommenge spielt keine Rolle.“

  • Was bedeutet die E-Offensive für Fußgänger?

Eine der großen Stärken von E-Autos ist für andere Verkehrsteilnehmer gleichzeitig der größte Schwachpunkt – nämlich der fast lautlose Antrieb. Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls zwischen Fußgängern und E-Autos ist laut Experten um 18 Prozent höher als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Laut der US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA passieren weltweit rund 2400 Unfälle, weil herannahende Elektroautos überhört wurden. Hier hat die EU im Vorjahr gehandelt. Ab 2019 müssen E-Autos bei Geschwindigkeiten bis 20 km/h künstlich ein Geräusch erzeugen, um für Fußgänger wahrnehmbar zu sein.

  • Gibt es auch Zuckerl für E-Bikes ?

E-Bikes werden in der StVO weiterhin als Fahrrad deklariert, solange sie eine bestimmte Leistung nicht unter- oder überschreiten. Gesetzlich festgelegt ist, dass ein E-Bike nicht mehr als 25 km/h schnell sein und nicht mehr als 600 W haben darf. Das Gleiche gilt für E-Scooter, deren Leistung die Roller als Fahrrad klassifiziert. Dadurch können sie zügig auf Fahrradstreifen und der Straße unterwegs sein. Werden die 25 km/h Höchstgeschwindigkeit überschritten, gelten E-Roller als Moped und müssen mit Nummerntaferl unterwegs sein. Scooter ohne Motorantrieb gelten unterdessen als fahrzeugähnliches Kinderspielzeug und dürfen nur am Gehsteig fahren.

E-Auto-Privilegien stoßen in Städten auf Kritik

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