Schadholz liegt, der Borkenkäfer fliegt
Fast sieben Monate ist es her, dass der Föhnsturm Yves über Kärnten fegte und 550.000 Festmeter Schadholz hinterließ. Seitdem sind die Waldbesitzer vom Pech verfolgt: Erst durften sie das Holz nicht abtransportieren, jetzt können die Sägewerke die Kapazitäten nicht stemmen. Indes steigt die Gefahr des Borkenkäferbefalls.
Monatelang war die Aufarbeitung des Schadholzes in den von Yves betroffenen Gebieten in Süd- und Unterkärnten unmöglich. Minusgrade in den Nächten und Tauwetter an den Tagen sorgten dafür, dass Bürgermeister Fahrverbote für die schweren Holz-Lkw erließen, um die Straßen zu schonen. Seit April würde der Transport ungehindert laufen – wenn ihn nicht die Sägewerke stoppen müssten. „Es ist schwierig, die Takte an die Sägewerke anzupassen. Sie können die Mengen an Holz nicht aufnehmen“, sagt Johannes Thurn-Valsassina, der Präsident des Kärntner Forstvereins. „Im ersten Quartal des Jahres hatten wir zu wenig Holz, momentan viel zu viel“, bestätigt Christoph Kulterer, Chef des Sägewerks Hasslacher. Kulterer: „Die Angestellten machen Überstunden, wir haben sogar Zusatzschichten an Samstagen eingeschoben. Ich verstehe, dass die Bauern wegen dem Borkenkäfer unter Druck sind, aber unsere Kontingente sind begrenzt.“
30 Euro weniger Erlös
Er hat das Hauptproblem angesprochen. „Der Borkenkäfer fliegt, es ist eine brandgefährliche Situation und eine logistische Herausforderung, weil es zu entscheiden gilt, welcher Windwurf aufgearbeitet werden muss und was noch warten kann“, weiß Thurn-Valsassina. Wie hoch der Schaden sein könnte – ein vom Borkenkäfer befallener Festmeter Holz erzielt am Markt lediglich 60 statt 90 Euro Erlös – wagt er nicht einzuschätzen. 150.000 Festmeter Schadholz würden allein in Eisenkappel noch am Boden liegen, rechnet der Völkermarkter Bezirksforstinspektor Franz Pikl vor. Auch er schätzt die Gefahr eines flächendeckenden Borkenkäferbefalls als „sehr groß“ ein. „Es wäre wichtig, das Material so rasch wie möglich aus dem Wald zu bekommen. Leider sind uns die Hände gebunden“, sagt er.
Wegen der Gefahr des Schädlingsbefalls erhielt das Land Kärnten übrigens eine Ausnahmegenehmigung der Agrarmarkt Austria zur Zwischenlagerung des Schadholzes auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.
Holzlager soll für Käferangriff verantwortlich sein
„Bei uns war der Borkenkäfer bisher eher ein Fremdwort“, erzählt indes
Franz Pöll, Waldbesitzer aus Großweißenbach bei Zwettl im niederösterreichischen Waldviertel. Seit es in der Nähe ein Zwischenlager für befallene Holzstämme gibt, ist das Problem zuletzt dramatisch größer geworden. Zufall? Betroffene Grundeigentümer gehen davon aus, dass es zwischen dem gelagerten Holz und ihren befallenen Wäldern östlich des Dorfes einen Zusammenhang gibt.
„Wir können es zwar nicht beweisen, aber es ist naheliegend“, erklärt Pöll. Zwischen dem Lagerplatz und den befallenen Waldflächen liegen 800 bis 1000 Meter. Fachleute sprechen zwar davon, dass der Borkenkäfer maximal 500 Meter überwinden kann. Pöll und seine Kollegen glauben allerdings, dass der starke Ostwind dem Borkenkäfer genügend Rückenwind liefert, um auch eine größere Entfernung zu überwinden. „Im Vorjahr lag unsere Schadholzmenge bei etwa 20 Festmetern, heuer ist es sicher schon das Zehnfache“, erklärt der Sprecher der betroffenen Waldbesitzer in der Ortschaft. In anderen Waldviertler Gebieten hat sich die Situation seit dem Vorjahr ebenfalls dramatisch zugespitzt. Weil eine Generation des Borkenkäfers den Winter überlebt hat, ist keine Entspannung in Sicht. Wenig Regen und lange Trockenperioden machen die Bäume – vor allem die als Flachwurzler bekannten Fichten – anfällig für Käferangriffe.
Die zuständige Bezirksbehörde nimmt das spezielle Problem in Großweißenbach ernst und sucht nach Lösungen. „In Kooperation mit der Forstabteilung sind Borkenkäfer-Fallen in Form eines Rings um das Holzlager aufgestellt worden. Die werden regelmäßig von unseren Förstern überprüft“, sagt Zwettls Bezirkshauptmann-Stellvertreter Matthias Krall. Laut Vorschrift muss der Mindestabstand zwischen Trockenlager und Wald 500 Meter betragen. „Wir werden der Sache nachgehen, ob diese Entfernung vielleicht zu gering ist“, sagt Krall. Die Bauern hoffen, dass das Lager bald geleert wird.
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