Gekaufte Saatmischungen: Die Blumenwiese im Packerl

Flower Power
Die Bilder auf den Packungen, die im Supermarkt meist in Kassennähe zu finden sind, sind mehr als vielversprechend. Blüten in satten Gelb-, Rot- und Lilatönen, zartem Rosa und strahlendem Weiß leuchten einem inmitten einer grünen Wiese entgegen. Die Saatmischungen tragen schöne Namen wie „Bauerngarten“, „Wild- und Wiesenblumen“, „Sommerblumen“ oder „Schmetterlingswiese“. Auf manchen Packungen prangen noch Begriffe wie „bienenfreundlich“ oder „Premium-Qualität“. Aber wie sehr kann man sich auf diese Versprechen verlassen?
Andreas Zeinzinger, Gärtnermeister bei den Blumengärten Hirschstetten, hat die Saatmischungen unter die Lupe genommen. Und hat einige Kritikpunkte: „Mir ist aufgefallen, dass etliche der auf den Packungen angeführten Pflanzen, gar nicht bei uns heimisch sind, sondern in Ostasien, Afrika oder Nordamerika, so wie etwa die Lupine oder Schwarzkümmel. Das ist vermutlich nicht das, was man mit so einer Wildblumenmischung erreichen will.“ Die im Einzelhandel erhältlichen Saatmischungen seien so konzipiert, optisch etwas herzumachen, sagt Zeinzinger. Dass vor allem heimische Pflanzen in den Mix kommen, stehe meist nicht im Vordergrund.
Gefahr der Neophyten
Warum ist das aber wichtig? Zwar kann die heimische Insektenwelt auch an den meisten Neophyten (gebietsfremden Pflanzen) Nektar sammeln. „Aber es kann natürlich passieren, dass heimischen Pflanzen so verdrängt werden.“ Langfristig kann sich dann das Landschaftsbild verändern und auch die Artenvielfalt kann unter den sich teils rasant ausbreitenden Neophyten leiden. Ihr Anteil an der heimischen Gesamtflora liegt laut Umweltbundesamt bereits bei 30 Prozent. „Diese Saatgutmischungen sind für das Ökosystem immer noch besser als ein englischer Rasen. Noch besser wäre es aber, wenn man dabei auch auf den Erhalt der heimischen Pflanzenwelt achtet“, sagt Zeinzinger.
„Es gibt zum Beispiel österreichische Saatgutfirmen, die sich ausschließlich mit Wildpflanzen beschäftigen. Die können Mischungen nach Bedarf zusammenstellen, für Fett- oder Magerwiesen, für Sonne, Halbschatten und schattige Lagen. Das ist aber mit viel mehr Arbeit verbunden und natürlich auch mit einem – gerechtfertigt – höheren Preis“. Hier wird zum Beispiel auch darauf geachtet, das Saatgut alle fünf Generationen durch Wildsammlung aufzufrischen. Denn wird darauf nicht geachtet, sind die Pflanzen aufgrund ihrer genetischen Schwächung irgendwann für Insekten nicht mehr ertragreich.
Begriff
Neophyten sind, wörtlich übersetzt „Neu-Pflanzen“, die zuvor in einem bestimmten Gebiet nicht heimisch waren. Als „invasiv“ werden sie dann bezeichnet, wenn sie sich wild wachsend etablieren können und sich stark und schnell ausbreiten.
Gefahr
Manche stellen für naturnahe Lebensräume eine Gefahr dar, in Österreich z. B. die Robinie, der Topinambur oder der Götterbaum. Andere schaden der menschlichen Gesundheit, etwa Ragweed und Riesen-Bärenklau. Und viele verursachen auch große wirtschaftliche Schäden, so wie etwa der Eschen-Ahorn oder die Riesen-Goldrute.
Qualitätskontrolle
Ein Anhaltspunkt für Blumenfreunde ist auch die Kennzeichnung als Bioprodukt auf der Packung. „Das ist ein guter Indikator dafür, dass da kontrolliert wird und strenge Auflagen erfüllt werden müssen“, sagt Zeinzinger. Überzeugen konnte auch die Inhaltsliste einer Packung, die mit „100 Prozent herkunftszertifiziertem Saatgut aus Österreich“ wirbt. Dort waren u. a. die Echte Schafgarbe, Ringelblume, Hundskamille oder Karthäusernelke zu finden.
Wenig aussagekräftig und laut Zeinzinger eher ein Werbegag ist hingegen der Zusatz „Gentechnisch nicht verändert“. „Das klingt natürlich gut. Aber ich wüsste nicht, was bei einer Wildblumenmischung genetisch verändert sein sollte – und warum“, sagt der Experte. Schließlich würden sie ja, anders als etwa Getreide, nicht in solchen Massen produziert, dass sich der Aufwand einer gezielten genetischen Veränderung lohnen würde.

Sieht dem Gänseblümchen ähnlich, ist aber invasiv: das Berufskraut. Eine einzige Pflanze kann bis zu 100.000 Samen produzieren.
Ein weiterer Punkt, der für den Kauf bei zertifizierten Händlern spricht: Man weiß genau, was man bekommt. Denn sonst kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch Samen von Neophyten in die Saatmischungen eingeschlichen haben. „Die stehen natürlich nicht auf den Inhaltslisten, weil die sich zufällig hineinverirren“, sagt Zeinzinger. Aber so können Pflanzen in die Natur gelangen, die später zum Problem werden.
Hierzulande ist etwa die Kanadische Goldrute invasiv verbreitet, die besonders lichtliebende Pflanzen durch ihre dichten Bestände unterdrückt. Oder auch das Berufskraut, das sich auf heimischen Wiesen schon stark ausgebreitet hat.
Kommentare