Rechte Demo auf Dach der Grünen: FPÖ setzt Obmann ab

Die Identitären verschütteten Farbe auf dem Dach des Parteihauses
Bezirkschef der Blauen war unter jenen Identitären, die Parteihaus in Graz beschmutzten.

"Wir bleiben ein offenes Haus", versichert Lambert Schönleitner am Tag nach dem Übergriff der rechtsextremen Identitären auf die Parteizentrale der Grünen in Graz. "Wir rufen da jetzt nicht panisch nach dem großen Polizeistaat, auch wenn sich die Mitarbeiter natürlich gefürchtet haben."

Am früheren Mittwochabend wurden bengalische Feuer vor dem Parteihaus in der Innenstadt gezündet. Fünf junge Männer kletterten mit einem anti-islamischen Transparent auf das Dach: In einer Medienmitteilung kurz darauf verschickte die Identitäre Bewegung selbst Fotos und brüstete sich, bei der "spektakulären Aktion Kunstblut" verschüttet zu haben.

Aufmarsch um Moschee

Ziel des Dachsturms dürfte Bundespräsidentschaftskandidat Alexander van der Bellen gewesen sein, doch er war Mittwoch um diese Zeit nicht mehr im Parteihaus. Eine Aktion auf der Baustelle der Moschee des Islamischen Kulturzentrums fand nicht statt: Die Polizei bekam davon Wind und schickte Dutzende Beamte in die Laubgasse. Die Grünen bedauern indes, dass es "sehr lange" gedauert habe, bis die Polizei bei ihnen tätig geworden sei. "Das ist sehr schleppend gegangen."

Gestern wurde klar, dass einer der fünf Männer auf dem Dach der grünen Zentrale selbst Lokalpolitiker ist: Luca Kerbl, bis Frühjahr 2015 freiheitlicher Gemeinderat in Fohnsdorf und seither Bezirksobmann der FPÖ im Grazer Bezirk Lend.

Grünen-Chef Schönleitner ist perplex: "Ich hätt’ es nie für möglich gehalten, dass die Blauen auf unser Dach klettern. Das war eine Grenzüberschreitung, die wir jahrzehntelang nicht hatten." Er forderte von der FPÖ-Steiermark, den "rechtsextremen Kerbl umgehend aus der Partei auszuschließen. Die FPÖ ist offenbar gewaltbereit, das sag’ ich ganz bewusst."

Der Grazer FPÖ-Chef Mario Eustacchio hält einen Parteiausschluss allerdings für unnötig: "Ich lasse mir von den Grünen nicht vorschreiben, was ich zu tun habe. Die Grünen scheren sich ja auch um nichts, wenn Leute aus ihrem Umfeld randalieren."

Funktionsverbot

Allerdings sei Kerbl nicht länger FPÖ-Bezirksobmann, also nicht mehr Funktionär: "Er hat das Amt zurückgelegt", betont der Stadtrat – wenn auch auf Wunsch der Partei. Dass Kerbl mit den Identitären auftrat, sei kein Widerspruch zur Parteimitgliedschaft: "Nur weil die Grünen die als rechtsextrem einstufen, heißt das ja nicht, dass die Identitären kein Recht haben, zu existieren." Landesparteichef Mario Kunasek sieht das allerdings anders: Er nennt Kerbls Rückzug "Funktionsverbot" und schließt auch einen Parteiausschluss nicht aus.

Rechtlich haben die fünf Männer Anzeigen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung zu erwarten, etwa wegen verdorbener Ware eines Bäckers, der sein Geschäft in dem Gebäude hat: Der Qualm des bengalischen Feuers habe sein Gebäck ruiniert, klagt der Grazer. Die Polizei zeigte die Verdächtigen auch wegen Ordnungsstörung an, das fällt unter das Verwaltungsstrafrecht.

Unter Polizeischutz steht die Zentrale der Grünen künftig dennoch nicht, ebenso wenig die Parteihäuser von SPÖ oder ÖVP. Die Grünen würden auch keine Überwachung haben wollen, versichert Obmann Schönleitner: "Wir sind nicht aufgeregt oder panisch. Aber dass es eine Stimmung in Österreich gibt, die so etwas zulässt, das muss man ernst nehmen."

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