Rätsel um toten Obdachlosen im Schlafsack am Wienerberg

Nur wenige Spaziergänger sind an diesem grauen Morgen am Friedrich-Adler-Weg in Wien-Favoriten unterwegs. Unzählige kleine Trampelpfade führen tief ins Gestrüpp des Wienerbergs. Dorthin, wo am Samstag menschliche Knochen in einem Schlafsack gefunden wurden.
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„Das ist einfach nur schrecklich, wir haben aus den Medien davon gehört“, schildert eine ältere Dame, die mit ihrem Mann den Friedrich-Adler-Weg entlangspaziert. „Aber das war nur mehr ein Skelett. Noch schlimmer muss es sein, wenn man wen findet, der vor Kurzem erst umgebracht worden ist“, so ihr Mann.
Ob die tote Person tatsächlich Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, steht bisher noch nicht fest. „Der Zustand der Leiche könnte auch dem Tierfraß geschuldet sein“, sagt Polizeisprecher Philipp Haßlinger.
Wenn es sich um ein Gewaltverbrechen handeln sollte, wäre aufgrund der Spurenlage ein Tod durch Erschlagen noch am ehesten denkbar. Aber auch das Loch in der Schädeldecke könnte durch ein Tier verursacht worden sein.

Das Areal am Wienerberg ist ein beliebtes Erholungsziel. Im dichten Gestrüpp wohnen aber auch obdachlose Menschen.
Obduktion diese Woche
Unklar ist bisher auch, wer der oder die Tote war. Der Fundort und die Auffindungssituation – in einem Schlafsack – legten den Verdacht nahe, dass es sich um eine obdachlose Person handelte. „Aber auch das ist bisher eine reine Vermutung“, sagt Haßlinger. Eine Obduktion, die in den kommenden Tagen stattfindet, soll auch Geschlecht sowie Alter der Leiche klären.
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Dass es sich bei dem Toten tatsächlich um einen Obdachlosen handelt, kann sich Anrainer Carli Mathe durchaus vorstellen. Der 65-Jährige wohnt seit vielen Jahren am Friedrich-Adler-Weg. „Auf den Bänken oder auch im Wald drinnen sieht man oft Obdachlose. Vor Jahren hab’ ich mal die Polizei gerufen, weil in der Böschung neben meiner Wohnung, bei einem Feld, einer in einem Zelt geschlafen hat“, sagt der 65-Jährige.
Von dem aktuellen Fall habe er durch einen Anglerfreund erfahren, der ihn am Wochenende angerufen hat. „Am Wienerberg ist in den letzten Jahren aber schon so viel passiert, da hat mich das nicht wirklich überrascht“, erzählt Mathe.
Er würde sich wünschen, dass die Polizei am Friedrich-Adler-Weg sowie am Wienerbergteich kontrollieren würde. Wo genau die Leiche dieses Mal gefunden worden sei, wisse er nicht genau.
Anwohner spekulieren
Auch Marinko Vidovic, der am Wienerberg regelmäßig spazieren geht, kann darüber nur spekulieren. „Wo ich das in den Nachrichten gehört hab’, hab’ ich gleich überlegt, wo das passiert sein könnte.“
Er steht vor einer Landkarte und zeigt mit dem Finger auf einen dunkelgrünen Fleck, etwa 300 Meter östlich vom Wienerbergteich. „Da ist es besonders dicht und abgelegen, da könnte ich mir gut vorstellen, dass es passiert ist“, sagt Vidovic.

Anrainer Marinko Vidovic spekuliert über den Fundort der Leiche.
Nicht nur über den genauen Fundort gibt es Spekulationen, sondern auch darüber, ob der Todesfall in Zusammenhang mit der Angriffsserie auf Obdachlose steht, die seit Wochen Wien erschüttert. Zwei Männer wurden durch Stich- und Schnittverletzungen getötet, eine Frau wurde schwer verletzt (siehe oben).
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Mutmaßungen über einen Zusammenhang weist Polizeisprecher Haßlinger zurück. Und begründet das damit, dass der Tote am Wienerberg – sollte er wirklich Opfer eines Verbrechens geworden sein – nach derzeitigem Stand der Ermittlungen erschlagen wurde.
Der unbekannte Täter, der die Obdachlosen in Wien attackierte, griff diese mit einem Messer an. Der Tod am Wienerberg wäre demnach eine große Abweichung vom Modus Operandi.
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