Bereits im vergangenen November wurde Zvicer auf die „Most Wanted“-Liste des Bundeskriminalamtes gesetzt – mitsamt seinen 15 Alias-Namen. Er soll 83 Kilogramm Kokain nach Österreich importieren haben lassen. Das zumindest legen Chats nahe, die die Ermittler des Bundeskriminalamtes seit Jahren penibel auswerten.
20 Morde
Doch das dürfte nur eine Kleinigkeit sein. Denn Zvicer wird auch mit mehreren Morden, Entführungen und Folterungen in Zusammenhang gebracht. Entsprechend haben auch andere Länder Interesse an dem kriminellen Schwergewicht. Montenegro, Serbien und Spanien haben ebenfalls Festnahme-Anordnungen für Zvicer ausgeschrieben.
„Zvicer steht nach derzeitigem Stand in Verbindung zu 20 Morden“, bringt es Daniel Lichtenegger, Leiter des Suchtmittel-Büros im Bundeskriminalamt, auf den Punkt. Und selbst das ist nur ein Bruchteil dessen, was auf das Konto der verfeindeten Drogenclans geht. Zumindest 80 Menschen sollen in den vergangenen Jahren im Kampf zwischen den verfeindeten Clans ihr Leben gelassen haben.
Zu Ermordungen kam es in ganz Europa. Und eben auch im Jahr 2018 in Wien, als der verfeindete Škaljari-Clan Vladimir Roganović nach einem Essen im Lokal Figlmüller auflauerte und ihn erschoss. Roganović gehörte dem Kavač-Clan an. Der Täter wurde bis heute nicht gefasst.
Mit welcher Brutalität die Drogenmafia vorgeht, belegen Chats. Im Zuge der Operation Trojanerschild wurde die Kommunikation unter den Schwerkriminellen mitverfolgt. Darunter befanden sich auch Bilder von getöteten und gefolterten Menschen. Die Leichen wurden unter anderem in einem Vorort von Belgrad in einem Fleischwolf zerkleinert.
Auch in Österreich sind die Clan-Mitglieder nicht zimperlich. Mordaufträge aus Gefängnissen, geplante Attentate und Folterungen sind aktenkundig.
Wien dient als wichtige Drehscheibe der Balkanmafia. Und somit befinden sich die „Statthalter“ in wichtigen Positionen. Dario D. alias „Dexter“ soll diese Rolle über mehrere Jahre innegehabt haben. In Wien wurde er im Juni 2021 auch festgenommen und zu lebenslanger Haft (nicht rechtskräftig) verurteilt. Österreich selbst ist laut Abwasseranalysen der Med-Uni Innsbruck ein nicht unwesentlicher Absatzmarkt. „In Österreich werden jährlich zwei bis neun Tonnen Kokain konsumiert“, sagt Lichtenegger.
Rechte Hand verhaftet
Die Schlinge um Zvicer zieht sich jedenfalls enger. Im vergangenen Herbst konnten österreichische Zielfahnder seine rechte Hand im spanischen Barcelona ausfindig machen. Nikola V., er gehört einem befreundeten Clan an und war ebenfalls für die Geschäfte in Österreich zuständig, wird wegen Drogenhandels im großen Stil gesucht. Möglicherweise hat auch Zvicer auf seiner Flucht zwischendurch bei ihm Unterschlupf gefunden. Nikola V. befindet sich in Auslieferungshaft. Ob er nach Österreich kommt, ist offen. Auch Deutschland hat Interesse an ihm – wegen mehrerer Mordanklagen.
Wo sich Zvicer aktuell befindet, ist unklar. Sowohl Südamerika als auch Europa kommen infrage. Die Geschäfte dürfte er aber weiterhin führen. Einen Bezug zu Österreich hat der 42-Jährige jedenfalls. Es ist dokumentiert, dass er in der Vergangenheit hier mit seiner Familie Skiurlaube verbracht hat.
Schwer verwundet
Doch Zvicer muss sich nicht nur vor der Polizei verstecken. Auch verfeindete Clans haben ein besonderes Interesse an ihm – 2020 überlebte er einen Anschlag in der Ukraine nur knapp, als bewaffnete Männer ihm auf offener Straße auflauerten und mehrmals auf ihn schossen. Zu dem Zeitpunkt hatte ein rivalisierender Drogenboss vier Millionen Euro Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.
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