Experten warnen: Zwei Drittel der Pyrotechnik-Verletzten sind unter 24
Warnungen von Experten über die Gefahr explodierender Böller werden vielfach ignoriert (Symbolbild)
Für viele Menschen in Österreich gehört immer noch ein Feuerwerk zu Silvester dazu. Doch Pyrotechnik-Unfälle führen immer wieder zu schweren Verletzungen. Rund 200 bis 400 Personen müssen jährlich im Krankenhaus behandelt werden. Rund zwei Drittel der Verletzten sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 24 Jahre, berichtete das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in einer Aussendung am Freitag. Immer wieder gibt es auch Todesfälle durch Feuerwerkskörper-Unfälle.
Die Experten rufen zu Vorsicht auf und raten besonders von der Verwendung von illegalen Artikeln und jenen, die nicht den Prüfnormen (BAM & CE) entsprechen, ab. Tiefe Schnitt- und Risswunden, (Teil-)Amputationen an Fingern, Knalltraumata im Ohr, Wunden im Augenbereich sowie offene Brüche und Verbrennungen an Händen und Gesicht: Das sind mitunter die Verletzungen, von denen Betroffene von Pyrotechnik-Unfällen berichten. Mit rund 78 Prozent der Unfälle betreffen die häufigsten Verletzungen den Bereich der Hand.
Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren stellen die größte Gruppe der Verletzten durch Böller-Unfälle dar: Sie machen 51 Prozent am Unfallgeschehen aus. Zählt man die betroffenen Kinder von null bis 14 Jahren hinzu (15 Prozent), zeigt sich, dass rund 66 Prozent jener, die medizinische Hilfe im Krankenhaus aufgrund eines Pyrotechnik-Unfalls in Anspruch nehmen müssen, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind. Rund zwei Drittel der Betroffenen gehören demnach zu der Altersgruppe von null bis 24 Jahren.
Kinder haben zu früh Zugang zu Pyrotechnik
"Das heißt, dass Kinder und Jugendliche alarmierend früh mit Pyrotechnik in Kontakt kommen und sie Zugang zu Pyrotechnik haben, zu der sie vielfach keinen Zugang haben sollten. Wir müssen das Bewusstsein für die Gefahren schärfen und Händler wie Erziehungsberechtigte an ihre Sorgfaltspflicht erinnern", forderte Christian Schimanofsky, KFV-Direktor. Pyrotechnik wird hier oft aus dem Ausland beschafft.
Medienberichten zu Unfällen mit Kindern und Jugendlichen der vergangenen Wochen zeigen, dass auch Illegales involviert war, so das KFV: Vom verbotenen Blitzknallsatz über Pyrotechnik der Kategorien F3 und F4 (Professionelle Feuerwerkskörper wie starke Raketen oder Feuerwerksbomben, Anm.) hätten die Jugendlichen keinen Zugang zu diesen Feuerwerksartikeln haben sollen. Auffallend sei zudem: Neun von zehn durch Pyrotechnik Verunfallte sind männlich (92 Prozent), so das KFV. Ab zwölf Jahren dürfen lediglich Feuerwerkskörper der Kategorie F1, etwa rauch- und Blitzkugeln, Knallerbsen oder Wunderkerzen, verwendet werden.
Nicht online kaufen
Neben unsachgemäßer und leichtsinniger Verwendung gelten illegal im Ausland erworbene Pyrotechnikartikel sowie Selbstlaborate als besonders häufige Ursache für schwere oder gar tödliche Verletzungen. 14 Prozent haben laut einer Befragung in der Vergangenheit Feuerwerkskörper im Ausland - online oder vor Ort - gekauft; insgesamt planen sogar 25 Prozent einen Auslandskauf.
Das zeigt eine aktuelle Erhebung des Instituts für empirische Sozialforschung. Günstigere Preise und stärkere Produkte werden besonders häufig als Motive genannt. Online sollten Feuerwerkskörper auf keinen Fall gekauft werden. Denn der Versand von Pyrotechnik an Privatpersonen ist gefährlich und in Österreich verboten.
"Marke Eigenbau" besonders gefährlich
Besonders gefährlich sind auch Feuerwerkskörper der "Marke Eigenbau". Laut einer aktuellen KFV-Untersuchung haben aber dennoch sieben Prozent der Befragten bereits selbst gebastelt - nicht immer ging es glimpflich aus. "Das eigenhändige Herstellen, Zerlegen oder Manipulieren von pyrotechnischen Gegenständen ist aus gutem Grund strikt untersagt", sagte Schimanofsky.
Enorme Sicherheitsdefizite bei der Nutzung von Pyrotechnik tragen zusätzlich zum Unfallgeschehen bei: Rund 80 Prozent der Befragten glauben irrtümlich, F2-Feuerwerke - beispielsweise Böller, Raketen oder Vulkane - seien überall im Ortsgebiet erlaubt, zeigt die aktuelle KFV-Studie. In Österreich gilt für F2-Feuerwerk ein ganzjähriges Verbot innerhalb von Ortsgebieten, aber Gemeinden können zu Silvester Ausnahmen erlauben.
Unsicheres Zünden
30 Prozent sind davon überzeugt, dass auch Pyrotechnik der Kategorie F3 und F4 ohne Genehmigung im besiedelten Ortsgebiet als Privatperson zulässig wäre. Dringenden Aufklärungsbedarf gibt es auch beim Anzünden: Rund 93 Prozent zünden Raketen unsicher, etwa in Sektflaschen oder am Boden. Zünden unter Alkoholeinfluss stellt hier ebenfalls eines der zentralen Risiken dar. Und auch Kinder sind oft beteiligt: Rund 55 Prozent der befragten Haushalte mit Kindern gaben zu, dass Kinder beim Zünden anwesend sind; bei 17 Prozent davon sind diese sogar im unmittelbaren Gefahrenbereich von unter fünf Metern.
Unfallursachen sind mitunter auch, dass Feuerwerkskörper zu lange gehalten werden oder auch defekte sowie verzögert explodierte Pyrotechnik, die entweder vom Boden aufgehoben wird oder umfällt und sich in die falsche Richtung richtet oder auch falsch entsorgt wird. "Abgeschossene Feuerwerkskörper sind zwecks Unterstützung der Gemeinden und Entlastung der Umwelt unbedingt im Restmüll zu entsorgen", appellierte der Pyrotechnikhandels-Vertreter Thomas Köchl an die Verbraucherinnen und Verbraucher.
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